Die Augnerin | |
Die österreichische Künstlerin Christine de Grancy zählt zu den Top-Fotografinnen unserer Zeit. |
Christine de Grancys Lebenslauf ähnelt vielen ihrer Generation: in
Brünn im Krieg geboren, aufgewachsen in Graz, im benachbarten Österreich
Anfang der 60er Jahre. Nach einer Ausbildung zur Keramikerin und
Graphikerin übersiedelt sie in das aufregendere Wien. Dort findet sie
Freunde, deren intellektuelle Spiritualität dem herrschenden Gleichmut
Ärger bereiteten. Die Leica Sie trifft, begleitet und wird begleitet von André Heller, Erika Pluhar
oder Gabriele Brandenstein, einer damals schon sehr bekannten
Lichtbildnerin. Ende der 70er Jahre kam dann der große Durchbruch. Mit ein
Grund dafür waren wohl de Grancys Reisen und die Leica, die sie immer
bei sich hatte.
"Sie ist wie eine Heimatlose, auf der Suche nach dem Heimatbegriff der
anderen, vor allem jener, die keine Informationslobby versammeln und
beanspruchen können. Sie unternimmt Reisen in ferne, unwirtliche und
unruhige Länder, vollgestellt mit Menschen, die in anderer
Geschwindigkeit, unter anderen Befindlichkeiten leben. Diese will uns de
Grancy näher bringen, dafür lebt und arbeitet sie", schwärmt das
WestLicht-Team. Die Reisen Eine ihrer wichtigsten Reisen führt in die Westsahara, zur Befreiungsbewegung Polisario. Es entsteht eine Arbeit, noch getragen von der
damals herrschenden Post-Achtundsechziger-Revolutions-Romantik. Danach unternimmt sie etliche Erkundungen im islamischen Raum: es sind
oft Richtigstellungen, Klischees verneinend - und heute notwendiger denn
je sind. Es folgen ausgedehnte Reisen nach Russland während der Zeit der
Perestrojka. Also zu einer Zeit, in der das Land im Umbruch ist - bis hin
zum Zerfall des Kommunismus und den Wehen seiner Nachkommenschaft. Spannender Wandel De Grancy, erlebt die spannende Zeit des politischen Umbruchs, der den
Menschen oft Unerträgliches abverlangte. Die mittlerweile zur
Star-Fotografin avancierte Künstlerin, deren Leben selbst von Unsicherheit
geprägt war, kann sich nun die Verunsicherung der anderen einverleiben.
"Wenn man so will, machen ihre Bilder das Politische privat. Und
umgekehrt", erklären das Team von "WestLicht". Die Augnerin Auch André Heller, der die Eröffnungs-Laudatio hielt, ist seit
Jahrzehnten von de Grancys Beobachtungskunst beeindruckt: "Aus verarmten
Adel stammt sie und bestellt zu allen Jahreszeiten den Boden mit ihren
eigenen Händen. Bei den Leuten der Gegend heißt sie respektvoll
'Augnerin'. Und die Früchte ihrer Felder sind Genauigkeit und eine
kostbare Art des Schauens." "Diese Ernte verwandelt sie seit 30 Jahren zu Lichtbildern, die von den
Einfühlsamen in Stadt und Land Bewunderung erfahren, weil eine Kraft und
Schönheit darin wohnt, die den Betrachter für gewöhnlich fähiger werden
lässt. Sie hat ein umfassendes Weltbild und gibt dem Ausdruck in
umfassenden Bildern der Welt. Man muss sie auch eine politische Künstlerin
nennen, eine Chronistin der Wunden und der Zurückweisungen, eine
Reporterin der verlorenen Unschuld und der allzu vielen aus der Gnade
gefallenen", so André Heller. | ||||