Wer heute durch Österreichs Galerien und
Museen geht oder Kunstzeitschriften durchblättert, gewinnt den Eindruck,
Künstlerinnen hätten sich ihr Terrain längst erobert. Tendenz steigend.
Ein genauerer Blick zeigt aber, dass der Kunstbetrieb immer noch männlich
dominiert ist. Künstlerin zu sein, ist nach wie vor ein hartes Brot, die
Statistik beweist es.
Die vom ehemaligen Frauenministerium in Auftrag gegebene und nun
veröffentlichte Studie "Die Hälfte des Himmels. Chancen und Bedürfnisse
Kunst schaffender Frauen in Österrreich" zeichnet ein trauriges Bild der
Arbeitsbedingungen österreichischer Künstlerinnen aller Sparten.
Künstlerinnen geht es "schlecht"
"Österreichischen Künstlerinnen geht es außerordentlich schlecht" - zu
diesem Ergebnis kommt zumindest die auf einem Fragebogen-Interview mit
über 600 heimischen Künstlerinnen basierende sozialwissenschaftliche
Studie. Edith Almhofer, eine der Autorinnen der Studie: "Da wurde alles
erfragt, über die Berufsentscheidung, die Berufswahl, den Werdegang und
die Einstellung zum Image der Kunst. Auch über die persönliche Erfahrung
von Diskriminierung und prinzipielle Wünsche, Bedürfnisse und
Vorstellungen, wie es Frauen im kulturellen Feld leichter gemacht werden
könnte."
Wenig Geld trotz hoher Bildung
Im Allgemeinen ist das Ausbildungsniveau der heimischen Künstlerinnen
sehr hoch. Fast die Hälfte aller Befragten hat eine akademische
Ausbildung. Die Einkommen sind aber unverhältnismäßig gering. So
erwirtschaftet jede zweite Künstlerin in Österreich monatlich weniger als
15.000 Schilling netto aus ihrer künstlerischen Tätigkeit.
Das alte Lied: Beruf und Familie
Traditionelles Familienleben lässt sich mit der künstlerischen Arbeit
oft nicht vereinbaren. So sind Künstlerinnen weniger oft verheiratet und
entscheiden sich seltener für Kinder als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Dass man für kreatives Schaffen und Unabhängigkeit auch den Preis der
sozialen und finanziellen Unsicherheit zahlen muss, wissen natürlich auch
männliche Kunstschaffende. Trotzdem fühlen sich Frauen gegenüber Männern
in ganz konkreten Bereichen benachteiligt.
Eine Frau pro Jahr reicht?
Edith Almhofer gibt die Aussage einer Regisseurin über ihre
Diskriminierung im Theaterbereich wieder: "Wenn an einem großen oder
mittleren Theater eine Frau einen Regieauftrag bekommt, wird in dieser
Saison sicherlich keine zweite genommen werden. Das ist eine Frage des
Geschlechts und nicht der Qualität der Arbeit."
Scheu vor Selbstvermarktung
Ein interessantes Kapitel der Studie zeigt, dass Künstlerinnen mit der
eigenen Vermarktung große Probleme haben. Für Almhofer unter anderem ein
Indiz für mangelndes Selbstbewusstsein und möglicher Mitgrund für die
Unterrepräsentanz der Frauen im künstlerischen Bereich: "Es ist dieses
Selbstverständnis nicht gegeben, wenn ich jetzt etwas gemacht habe, dann
knall' ich das auf den Tisch und setze es durch, koste es, was es wolle.
Und viele geben dann an, dass sie einerseits eine gewisse Scheu vor der
Selbstvermarktung haben, andererseits aber auch nicht die Ausbildung
dazu."
Die Studie soll, so der Schluss-Satz, gerade in Zeiten des politischen
Wandels und da es kein Frauenministerium mehr gibt, Denkanstöße für
Kultur- und Frauenpolitik geben. Sie ist bei "deA-Consulting und Verlag"
erschienen.