Jeder Schuss ein Lusthaus
Von Claudia Aigner
Die Kreise rund um das Lusthaus im Prater könnten einem ja
wirklich verdächtig vorkommen, besonders weil das Ganze aus der Luft wie
eine Zielscheibe aussieht. (Für Bombenwerfer?) Aber keine Sorge: Das
Lusthaus soll in nächster Zeit nicht "ausgeschaltet" werden. Es handelt
sich auch nicht um eine neue Tourismusidee: "Sehenswürdigkeiten-Safari."
(Wer vom Helikopter aus genau das Lusthaus trifft, hat gewonnen; wer nur
den Autobus im Kreisverkehr rundherum erwischt, bekommt weniger Punkte.)
Die Ringe sollen einfach nur den Platz um das Lusthaus optisch verbessern.
(Wer jetzt denkt: Das mag ja vorerst sein, aber wehret den Anfängen, der
ist zweifellos ein gebranntes Kind Österreichs.) "Rund um" nennt sich
die Schau in der Galerie Insam (Köllnerhofgasse 6), wo es noch bis Mitte
September um die Gestaltung urbaner Plätze geht. Und Gerold Tagwerker
schlägt eben vor, das Lusthaus mit zwei Ringen einzukreisen, die vom
benachbarten Lusthauswasser gespeist werden. Ein sehr rücksichtsvolles,
aber auch sehr konsequentes Projekt und mein absoluter Favorit. Goran
Petercol, der Meister der farbigen Schatten, und Maja Kirchner machen sich
Gedanken über die Beleuchtung der Prater Hauptallee und des
Lusthausplatzes und schaffen es durch den geschickten Einsatz von kaltem
und warmem Licht, also quasi allein dadurch, wie sie dort das Licht
einschalten, die Strukturen der Gegend zu klären. (In der Nacht
jedenfalls.) Als "Zugabe" zu Tagwerkers Projekt wäre das geradezu perfekt.
Rund ist auch Sabine Hörtners Idee (die aber gar nicht mehr zur
Debatte stehen soll) zum Sparkassaplatz in Wien 15. Wenn es nach ihr geht,
reagiert der Kreisverkehr auf das Verkehrsaufkommen: In der Mitte soll ein
laufendes Lichtband seine Runden drehen und grün sein, wenn die
Verkehrsteilnehmer-Frequenz durchschnittlich ist, und rot, wenn sie
überdurchschnittlich ist. Freilich könnte das die Autofahrer überfordern,
weil bei der Führerscheinprüfung nicht vorgekommen ist, wie man zwischen
Verkehrsregeln (konkret: Ampeln) und künstlerischer Freiheit (die in den
Ampelfarben daherkommt) unterscheidet. Obwohl ein langsames Lichtband ja
ansteckend und folglich wirksamer als ein
Geschwindigkeitsbeschränkungs-Schild sein könnte. Die Zone vor der
wahrscheinlich kulturellsten Baustelle Wiens (dem Museumsquartier) harrt
ebenfalls ihrer Gestaltung. Beim Anblick dieser zwei Wiesenrestln kann man
es Hundebesitzern fast nicht verübeln, dass sie sie mitunter als Hundeklo
missverstehen (rechts die Damen, links die Rüden?). Man möchte sagen: Die
Grasstücke warten wie Dornröschen auf den Kuss des Märchenprinzen. Der ja
ausnahmsweise Susanne Lorenz heißen kann, die den einen Teil am liebsten
in eine erholsame grüne "Lange Landschaft" ummodeln würde und den zweiten
Teil in eine rote "Kunstspielfläche" für Ausstellungen und Werbeplakate.
Natürlich hätte der rote Kunststoffbelag (wie auf Sportplätzen) den Tod
von Tausenden Grashalmen zur Folge. Dieser kleine botanische "Massenmord"
hätte allerdings den Vorteil, dass man sich die Schuhe nicht mehr dreckig
machen kann und der Bodenbelag ist auch noch wasserlackenabweisend,
nämlich wasserdurchlässig. Insgeheim ist das Projekt auch noch
konzeptionell: Natur (grün) vs. Kultur (rot). Weniger riskant ist die
3 m ober- und 3 m unterirdische Glaspassage von Peter Sandbichler und Maja
Kirchner. In Kombination mit der projektierten abwechslungsreichen
Parklandschaft hat dieser Vorschlag einiges für sich. Ich bin gespannt,
wofür und ob sich die Jury überhaupt entscheidet.
Erschienen am: 08.09.2000 |
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