diepresse.com | ||
zurück | drucken | ||
| ||
11.05.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Ausstellung: Aus weißem Grund | ||
"Le Je et le Moi": die Zeichnung als sensibles Ausdrucksmedium in der Galerie der Stadt Schwaz. | ||
I Mit Adriana Czernin, Irene Dapunt, Dorothee Golz und Ulrike Lienbacher setzt Kuratorin Sabine B. Vogel allerdings auf vier Künstlerinnen, für die Zeichnung ein durchaus autonomes Medium ist. Wiewohl zwei von ihnen, Golz und Lienbacher, in ihrer Entwicklung von der Skulptur kommen und Dapunt sich immer wieder mit Installationen beschäftigt, fungiert Zeichnung bei ihnen weit mehr als Erweiterung denn als Ergänzung des Dreidimensionalen. Sie dient der Aufzeichnung, wird zum Kürzel, zum Stenogramm. Das drückt sich auch im Ausstellungstitel aus, der auch Titel einer Zeichnung von Dorothee Golz ist: "Le Je et le Moi" - "das Ich und das Selbst" - verweist in Anlehnung an Lacans Psychoanalyse auf das Bekennende, autobiografisch Erzählende, ohne es platt zu bestätigen. Da lässt gleich im ersten Raum Irene Dapunt eintauchen in eine verrätselte Welt aus Chiffren. "The Inter-Gender Champion of the World" heißt es auf einer Zeichnung, die eine Boxerin zeigt, wie sie unter einem Lorbeer aus weißem Grund auftaucht. Eine sparsame Arbeit, verglichen mit den anderen aquarellierten Blättern, wo sich Vorhänge, Schwimmer, junge Frauen in Jeans tummeln. Immer wieder fügen sich Logos und Texte in die Leerräume, bis zu Blättern, die netzartig mit Songtexten überzogen sind. Ein klares Kontrastprogramm dazu liefert im Nebenraum
Dorothee Golz. Sie nützt die weiße Wand als riesige Zeichenfläche. Darauf
sind sparsam mit Grafit-Stift Frauen-Fantasien appliziert, deren Zentrum
jeweils eine reliefhaft aus der Wand ragende Halbkugel darstellt: einmal
kickt eine Frau diesen Ball weg; dann wiederum wird die Kugel gestemmt,
balanciert, getreten und ist ihrerseits Projektionsfläche für Gegenwelten:
Kinder, Haushalt, Männer. Golz' leise Ironie trifft auf der Wand gegenüber
auf die strenge Melancholie der Zeichnungen Adriana Czernins. Hier lässt sie in einer riesigen Buntstiftarbeit eine
kauernde Frauenfigur unter rosafarbenem Gitterwerk aus Nelken, Kohlköpfen
und anderen floralen Ornamenten verschwinden. Die sich überlagernden
Linien und Schraffuren werden buchstäblich zum Käfig, der die Zeichnung
von der Welt "draußen" trennt. Im dritten Raum schließlich übersät Ulrike
Lienbacher eine ganze Wand mit Federzeichnungen. Augenfällig ist hier das
Ausloten von Leere und Spannung, wobei das Weiß des Papiers, Federstriche
und Farbflecke in Beziehung gesetzt werden. Ein Leitmotiv sind
Körperzitate: Lienbacher konterkariert das weibliche Schönheitsideal
witzig, indem sie den androgynen Figuren etwa schwarze Sohlen oder
überdimensionierte Spitzenschlüpfer verpasst oder sie profane Tätigkeiten
wie Kloputzen verrichten lässt. Eine Ausstellung, die eine Reise in die Berge lohnt - wie
das ehemalige Silberbergwerks-Städtchen selbst mit dem 1507 gegründeten
Franziskanerkloster: wunderbare Wandmalereien im Kreuzgang. |
||
© diepresse.com | Wien | ||