Kultur

Kraft und Technik

13.10.2007 | SN
In der Albertina sind unter dem Motto "Kunst nach 1970" herausragende Werke von 16 Künstlern in einer spannenden Gegenüberstellung zu sehen.

ERNST P. STROBL Wien (SN). Seit die Sammlung Batliner in die Albertina eingezogen ist, nützt Direktor Klaus-Albrecht Schröder die Sammlungsbestände, um aktuelle Sonderausstellungen um teure Exponate anzureichern. Gerade in der am Freitag eröffneten Ausstellung "Kunst nach 1970" sind zahlreiche Bilder der Batliner-Sammlung zu bewundern, die Preisklasse der Künstler spricht für sich. Die Albertina muss nicht zurückstehen, denn Ankäufe und Schenkungen einzelner Künstler können sich durchaus sehen lassen.

Insgesamt sind Werke von 16 Künstlern zu sehen, welche mit ihren Arbeiten auf Papier - und dafür steht ja eigentlich die Albertina als weltweit führendes Grafikhaus - nicht gerade Revolutionen auslösten, aber immerhin radikale neue Ansätze fanden. Oder die klassische Druckgrafik oder Zeichnung enorm bereicherten und weiterentwickelten.

Als Beispiel steht die klassische Technik des Holzschnittes, die schon Albrecht Dürer zur Perfektion führte. Und wenn man vor den Riesendrucken eines Franz Gertsch steht, kann man nur staunen ob des Formates und zugleich ob der pixelfeinen fotorealistischen Arbeit. Im Format ähnlich hält es Anselm Kiefer, der mit groben Brettern, deren Maserung man sieht, oder mit Teer als Pigment fantastische Wirkungen erzielt. Der Amerikaner Robert Longo wiederum hat die Kohlezeichnung so perfektioniert, dass man nur schwer begreifen kann, dass seine Bilder keine Fotografien sind. Longo zeigt die düsteren Bilder des Sigmund-Freud-Zyklusses, d. h., es sind Bilder nach Fotografien aus dem Jahr 1938 aus der Berggasse 19, dem Wohn- und Arbeitssitz von Freud. Die Tür mit dem Türschild und dem Gucklock ("Spion") oder die Eisenbeschläge innen beeindrucken ebenso wie ein Polster, der zu fliegen scheint. Die Albertina erwarb darüber hinaus ein Longo-Bild mit einem Kinderantlitz auf schwarzem Grund, das zwischen Schlaf und Tod wie ein bleicher Mond zu schweben scheint.

Wasserfarbe ist nicht gleich Wasserfarbe Dass zeitgenössische Künstler auch der Technik des Aquarells neue Facetten abgewinnen können, zeigen Maria Lassnig, der ein ganzer Raum gewidmet ist, und gleich einen Raum weiter Herbert Brandl. Dass Maria Lassnig der Albertina über dreißig Aquarelle und Gouachen geschenkt hat, soll ebenfalls erwähnt sein. Lassnig kann mit ihren "gemalten Zeichnungen" durchaus als Vorbote für die kommende Van-Gogh-Ausstellung dienen, meint Schröder. Brandl überlässt bei seinen dekorativen Großformaten mit der verschütteten Aquarellfarbe dagegen viel dem Zufall und erzielt bezaubernde florale Wirkungen auf großem Format. Ebenso formatsprengend bei seinen Aquarellarbeiten ist Sigmar Polke, geschmeidig wirkt der "Leopard" von Mario Merz, auf expressives, theatralisches Formenmaterial greift William Kentridge zurück und inszeniert seine Sujets.

Arnulf Rainer ist mit ein paar experimentellen Arbeiten und Übermalungen aus den Siebzigerjahren anschaulich und eindringlich vertreten. Alex Katz wiederum, um den sich der Salzburger Galerist Thaddaeus Ropac im Alleingang bemühte, ist mit riesigen Bleistift-Kohle-Öl-Arbeiten vertreten - die Striche werden durch Schnitte oder Stiche "verdoppelt" - und einer "Jessica", einer freundlich lächelnden Frau, die seltsam unplastisch wirkt.

Die Hängung der Bilder ist auf "Begegnungen" angelegt. Den fotorealistischen Holzschnitten von Gertsch wurde ein kolossales Format eines Holzschnittes gegenübergehängt. Die alte Technik wurde von der 1967 in Leipzig geborenen Christiane Baumgartner verwendet, um den bedrohlichen Eindruck ihres Motives noch zu verstärken. "Transall" zeigt wie ein Zeitungsfoto - ein solches war die Vorlage - militärische Transportflugzeuge, die ohnehin kaum etwas Gutes symbolisieren.

Wie gewohnt stellt Georg Baselitz die Welt auf den Kopf, so auch seine Heldenfiguren "Lena" und "Hage". Und Max Weiler abstrahierte seine Landschaften zu fernöstlich anmutenden magischen Farbkompositionen. Damit löst er die "existenzialistische Schwere", die Schröder bei Anselm Kiefer ortet, in schwebende Leichtigkeit auf. Man durchschreitet nicht nur drei Jahrzehnte Kunstgeschichte, sondern auch Zustände.Infos: bis 16. März, www.albertina.at

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