26.09.2002 14:24
Kasseler "Stadtverwaldung"
Nach 20
Jahren macht die documenta-Stadt Frieden mit Joseph Beuys mit dem Projekt der
"7000 Eichen"
Kassel - Es war eine der größten Kunstaktionen in der
Geschichte Deutschlands. Zur siebten Weltkunstschau documenta vor zwanzig Jahren
begann Joseph Beuys mit seinem Projekt "Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung".
7.000 Bäume wollte der Künstler in Kassel pflanzen, jeder markiert mit einer
rohen Basaltstele. Das Mammut-Vorhaben gelang: Innerhalb von fünf Jahren wurden
Einfallstraßen, Schulhöfe und sogar das Gefängnis begrünt, vormals baumlose
Wohnstraßen verwandelten sich in Alleen. Am Samstag wird das Kunstwerk mit einem
Festakt gefeiert.
"Beschützer der Bäume und der Steine"
Zur
Eröffnung der documenta 8 im Juni 1987 war die letzte Eiche vor die Kunsthalle
Fridericianum gesetzt worden. Beuys erlebte die Vollendung seines ehrgeizigen
Projekts allerdings nicht mehr. Der "Mann mit dem Filzhut" war bereits gut ein
Jahr zuvor im Alter von 64 Jahren gestorben.
Die "7000 Eichen" - so der
Titel des Kunstwerks, obwohl auch Eschen, Kastanien, Linden und sogar ein
Gingko-Baum gepflanzt wurden - gingen als Geschenk von Beuys-Witwe Eva in den
Besitz der Stadt über. Die versprach, sich um Pflege und Erhalt zu kümmern, tat
das dann aber mit nur mäßigem Engagement, wie einige Kasseler meinten. Gerüchte
über eingegangene, umgefahrene, versetzte, gefällte oder mutwillig beschädigte
Bäume wollten nicht abreißen. Vor acht Jahren gründete sich deshalb ein
Förderverein als "Beschützer der Bäume und der Steine". Am Samstag soll er im
Rahmen des Festakts zum Eichen-Jubiläum feierlich in eine Stiftung umgewandelt
werden.
Verluste-Liste
Das Stiftungskapital von 50.000 Euro
kommt von der Stadt, städtische Vertreter werden im Vorstand sitzen: Nach
zwanzig Jahren macht die nordhessische Großstadt endgültig ihren Frieden mit dem
lange Zeit eher ungeliebten und stiefmütterlich behandelten Kunstwerk. "Wir
hoffen, dass es künftig keine Probleme mehr geben wird", sagt die
Kunsthistorikerin Rhea Thönges, zweite Vorsitzende des Fördervereins. Die jüngst
ermittelten Zahlen von 250 kranken Bäumen und 49 aufgegebenen Standorten, an
denen die Bäume verschwanden und nicht ersetzt wurden, sollen nicht weiter
steigen. (APA/dpa)