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Restitutions-Novelle bringt wenig Veränderungen

06.10.2009 | 11:51 |  (DiePresse.com)

Am Mittwoch wird die Novelle im Parlament eingebracht. Restitutions-Anwälte sehen darin keine Lösung für umstrittende Fälle. Das Gesetz soll künftig nicht nur Kunstwerke erfassen.

Zehn Jahre ist das Restitutionsgesetz alt, rund 10.000 Gegenstände wurden seither an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Noch vor dem Sommer 2008 wollte Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) ursprünglich die Novelle zum Kunstrückgabegesetz beschließen. Am Mittwoch kommt sie in den Kulturausschuss des Nationalrats. Spektakulär werden die Konsequenzen nicht sein: Heiße Eisen wurden ausgespart. So wird das Gesetz nicht für das Leopold Museum gelten und auch die oft geforderte Parteienstellung (die Beteiligung an einem Verfahren) für jene, die Rückgabeansprüche erheben, ist nicht in der Novelle festgehalten. Keine Veränderung gebe es für glamouröse Fälle wie Gustav Klimts "Amalie Zuckerkandl" oder Vermeers "Malkunst", meinen Experten.

Längerer Zeitraum und mobile Kunstwerke

Die Novelle beinhaltet geografische, zeitliche und inhaltliche Ausweitungen. Das wird wohl für neue systematische Aufgabengebiete in der Provenienzforschung sorgen. Mit der Novelle werden künftig nicht nur Kunstwerke, sondern auch "sonstiges bewegliches Kulturgut " erfasst - und zwar nicht nur solches in den Museen, sondern in unmittelbarem Bundesbesitz. Und davon auch jene Gegenstände, die zwischen 1933 und 1938 außerhalb Österreichs im Deutschen Reich vom NS-Regime entzogen wurden.

Die Funktionsperiode des Rückgabe-Beirats soll künftig auf drei Jahre ausgeweitet werden, das Finanzministerium erhält eine Stimme, die Finanzprokuratur ist dagegen nur noch in beratender Funktion vertreten. Der Beirat gibt dem jeweiligen Ministerium für Kunstangelegenheiten eine Empfehlung ab, dieses trifft die Entscheidung über die Rückgabe.

Systematischer erforscht

In vielen Punkten zieht die Novelle damit der ohnehin längst gängigen Praxis hinterher. So wurden vom Beirat in "extensiver Auslegung" des Gesetzes bereits früher etwa Einrichtungsstücke zurückgegeben - nicht nur aus den Sammlungen der Museen. "Bisher war es das, was man zufällig findet, jetzt werden diese Bereiche systematisch beforscht", erklärt Eva Blimlinger, Historikerin und wissenschaftliche Koordinatorin der Kommission für Provenienzforschung. In anderen Fällen habe bisher die gesetzliche Handhabe einfach gefehlt. "Dafür ist die Novelle sehr notwendig."

Anwalt E. Randol Schoenberg, deri die Rückgabe der "Goldenen Adele" erwirkte, sieht das kritischer: "Von mir aus muss es keine Novelle geben", meint er. "Man müsste sich auch alte Fälle wieder ansehen." Er plädierte - ähnlich wie die Grünen - dafür, die Praxis zu vereinheitlichen und verschiedene Auslegungen des Gesetzestextes zu verhindern. Auf seine Vorschläge wurde allerdings nicht eingegangen. Konkret geht es Schoenberg um zwei Fälle: Zwei Waldmüller-Gemälde, deren Rückgabe an Gertrude Felsövany 2001 mit Verweis auf einen negativen Bescheid im Jahr 1952 abgelehnt wurde sowie die "Amalie Zuckerkandl" - in beiden Fällen berief sich das Gericht auf "mögliche Interpretationen" des Gesetzes.

Nur Tendenzen und Empfehlungen

In beiden Fällen gebe es aber auch zahlreiche andere Beiratsentscheidungen, so Schoenberg. Mit der gleichen Sachlage habe der Beirat in diesen Fällen die Rückgabe empfohlen, - aber der Beirat empfiehlt eben nur und kann dadurch keine Präzedenzfälle schaffen.

"Man kann nur von den Entscheidungen auf Tendenzen schließen", erklärt auch Anwalt Alfred Noll. "Und vor diesem Hintergrund versuchen, alte Fälle wieder neu aufzurollen." Bei Vorliegen von "extremer Ungerechtigkeit" ist das durchaus üblich. Diese ist aber nicht im Gese4tz verankert. Schoenberg hätte das gewünscht - um bei Fällen wie Felsövany nicht mehr von gutem Willen und Auslegungen abhängig zu sein. Gut ist der Wille gerade ihm gegenüber spätestens seit der von ihm ausgefochtenen Rückgabe der "Goldenen Adele" nicht mehr. "Vieles hat leider mit mir zu tun, sie sind sauer auf mich."

Keine große Menge an Forderungen

Dass es zu einer großen Menge neuer Ansprüche oder gar zu Aufsehen erregenden Rückgaben durch das neue Gesetz kommen wird, glauben Schoenberg und Noll beide nicht. "Ich hoffe aber, dass das Gesetz Anlass ist, einen neuen Blick auf die Nachkriegszeit zu werfen und Dinge wieder aufzunehmen", so Schoenberg. "Sie haben 98 Prozent zurückgegeben. Warum auf diesen zwei Prozent sitzen bleiben? Als Andenken, wie böse wir waren?"

 


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