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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst | Aufregung um Muehl 
15.03.2004
19:06 MEZ
Von Elke und Ulf von Sparre, Susan Rozelle, Hans Schroeder-Rozelle und Rüdiger Paulsen

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Otto Mühl

re-port.de

 
Kommentar der anderen: Der Bilder Fluch, des Amtes Würde
Aus einem offenen Brief von Exmitgliedern der Otto-Muehl-Kommune an den angeblichen "Mühl-Sammler" und SPÖ-­Präsidentschafts­kandidaten Heinz Fischer

Sehr geehrter Herr Dr. Fischer! In einem Schreiben vom 11. 6. 03 sind Sie unserer Kritik am Ausstellungskonzept ausgewichen, indem sie uns mitteilten, sie wollten sich nicht in Dinge einmischen, die ohne Einmischung der Politik entschieden werden müssen, und lobten Peter Noever als jemanden, "der ganz bestimmt nicht die Delikte von Otto Muehl in irgendeiner Weise bagatellisieren will, sondern dem es um eine Aufarbeitung dieses tragischen Bereiches geht".

Hiervon haben wir seither allerdings leider nichts gemerkt, wie Noevers Verhalten unserer Kritik gegenüber gezeigt hat und sich in folgender Äußerung der Kuratorin der Muehl-Ausstellung Bettina Busse deutlich ausdrückt: "Für das Museum und mich als Kuratorin stellt sich nicht die Frage nach Recht, Schuld oder Unschuld. Muehl hat seine sieben Jahre abgesessen, damit ist für mich die Sache abgeschlossen" (Informationsdienst Kunst, Juli 2003).

Ein weiteres Zeichen für die Inkompetenz, mit der Herr Noever mit dem Thema Muehl umgeht, ist die Tatsache, dass das MAK derzeit ein so genanntes "Aschebild" von Muehl kommentarlos ausstellt. Muehl hat vor seinem Prozess Beweismaterial vernichtet und dieses in "Kunst" umgewandelt. Tagebücher, die auch Kunst von Kindern der Kommune enthielten, wurden auf Muehls Anweisung ohne Wissen der Betroffenen konfisziert und verbrannt. Zusammen mit Materialien wie Farbe, Steinen und Sand hat Muehl die Asche dann zu Bildern verarbeitet. Wir sind empört, dass ein bedeutendes österreichisches Museum ein solches Bild kommentarlos ausstellt, und fordern Sie, Herr Dr. Fischer, und die österreichische Öffentlichkeit auf, vom MAK zu verlangen, entweder dieses Bild aus der Ausstellung zu entfernen oder es mit einem deutlichen Hinweis über seine faschistoiden Entstehungsumstände zu versehen.

Des Weiteren stellt sich für uns die Frage, ob es mit der Würde des Bundespräsidentenamtes vereinbar ist, wenn der mögliche zukünftige Inhaber dieses Amtes Bilder eines Malers besitzt, der Kinder und Jugendliche misshandelt und sexuell missbraucht hat - zudem Bilder eines Malers, der seine Taten in keiner Weise bereut ("die Mädchen wollten ja, die hatten die Regel, waren 13 Jahre" - Muehl im ARD-Kulturreport vom 29. 2. 04).

Eine Privatperson kann Werke Muehls sammeln, und Museen sollen sie ausstellen dürfen - ein Präsidentschaftskandidat hat aber, wie wir meinen, eine besondere ethische Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit.

Gerade weil uns das Ansehen der Sozialdemokratie und Österreichs am Herzen liegt, bitten wir Sie um eine klare Stellungnahme. Die Debatte um Muehl und seine Verbrechen sollte in der demokratischen Mitte (VP, SP, Grüne) geführt werden. Nur so wird verhindert, dass das Thema Muehl von rechten Stimmungsmachern zur Rechtfertigung einer restriktiven Kulturpolitik missbraucht wird ... (DER STANDARD, Printausgabe, 16.3.2004)


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