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17.02.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstlicht: Inselhaft im Streichelzoo
ALMUTH SPIEGLER

Z
urzeit haben wir Österreicher uns wieder einmal ganz beson ders lieb:

Die Albertina umarmt hallenweise Egon Schiele - ein bisschen Softporno scheint also voll okay, solange er sich im protzigen Marmorbett abspielt und in der Pfeilerhalle garantiert Fleischloses vom Wiener Venedig-Aficionado Eduard Angeli wartet.

Doch nicht nur in den heiligen Basteihöhlen begegnen wir uns selbst: Im Kunsthaus präsentiert die Wiener-Phantasten-Tochter Xenia Hausner ihre Porträts, im Kärntner Modernemuseum, im Grazer Kunsthaus gastiert Maria Lassnig, bei Leopolds lässt man uns ab nächster Woche mit Robert Hammerstiel der ab März aufgestellten Schnee-Kanone Alfons Walde entgegenfiebern.

Nein, noch lange nicht genug. Im Lentos sind die Arme weit für Gottfried Helnwein ausgebreitet, in Krems zeigt man "Real. Junges Österreich", in der Secession Oswald Oberhuber und im Rupertinum Hubert Scheibl, der auch im Mumok zu finden ist, wo uns nicht vorenthalten werden sollte, welch avantgardistische Wildheit man 2005 mit der auch schon etwas reiferen abstrakten österreichischen Maler-Garde ins scheinbar ewig tuschezeichnende China geschickt hat.

Bis zur nächsten Schiele-Schau im Juni tröstet uns das Obere Belvedere immerhin mit Anton Lutz sowie österreichischer "Kunst fürs 20er Haus". Und damit wir den ultimativen Überblick über unsere heimische Kunstproduktion bekommen, ließ Karlheinz Essl jetzt den deutschen Alpenrepublik-Spezialisten Wieland Schmied zurückblicken.

H
allo? War da draußen nicht noch etwas? Die "Insel Aus tria" scheint ihre Anlaufstege wieder einmal hochgezogen zu haben. Statt in irgendeinem Museum endlich einen gültigen Überblick über die österreichische Kunstgeschichte einzurichten und die immer wieder versäumte internationale Moderne ins Land zu bringen, kreist man weiterhin größenwahnsinnig und orientierungslos um den eigenen Nabel. Was vor allem der Kunst selbst wenig bringt, die nicht daheim zum exotischen Lokalphänomen kleingestreichelt, sondern im Ausland internationaler Kritik ausgesetzt werden sollte.

almuth.spiegler@diepresse.com

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