Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte
Paul Flora war einer der gefragtesten Illustratoren – Sein Werk verbindet Surrealismus und Karikaturen

Der immer die Raben gezeichnet hat

Paul Flora. Foto: apa/Parigger

Paul Flora. Foto: apa/Parigger

Von Edwin Baumgartner

Aufzählung Zeichner und Karikaturist Paul Flora gestorben.
Aufzählung Schwarzer Humor in feiner Zeichnung.

Innsbruck/Wien. Der österreichische Zeichner und Karikaturist Paul Flora ist im Alter von 86 Jahren in Innsbruck gestorben. "Na, der immer die Raben zeichnet" – das war der stehende Satz, wenn einem der Name des Künstlers auf der Zunge lag, sich aber absolut nicht konkretisieren wollte.

Paul Flora hatte eine Schwäche für das Abseitige, für das Makabere. Hexen, Katzen und Raben bevölkern seine Bilder. Da Flora obendrein mit Leib und Seele Tiroler war, verband er das mit dem Bodenständigen. Aber es wäre verfehlt, Flora als Regionalkünstler zu werten. Im Gegenteil: Sein Werk hat überregionale Bedeutung, gerade weil es aus Details auf größere Zusammenhänge schließt.

"Interessante Komplexe"

Geboren wurde Flora am 29. Juni 1922 in Glurns im Vinschgau in Südtirol. Sechs Jahre war er alt, als seine Familie nach Innsbruck übersiedelte, wo er "inmitten von sechs Geschwistern aufwuchs, eher hastig und beiläufig erzogen wurde, ein schwieriges Kind war und mehrere interessante Komplexe bekam, welche seither meine Geschäftsgrundlage bilden", wie Flore selbst über seine Kindheit erzählte.

Flora maturierte 1942 in Innsbruck. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte er 1945 nach Innsbruck zurück.

Seine erste Ausstellung jedoch hatte er in Bern, und zwar bereits 1945. Noch im selben Jahr zeigte das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck seine Werke. 1953 begann die Zusammenarbeit mit dem Zürcher Diogenes Verlag, für den er Buchillustrationen machte. Wenig später nahm seine Arbeit für die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" ihren Anfang. Dort wurden in vierzehn Jahren über 3000 seiner Zeichnungen veröffentlicht. Neben politischen Karikaturen entstanden auch zahlreiche Bildbände. Erich Kästner nannte Flora einen "Bilderschriftsteller", Friedrich Dürrenmatt bezeichnete ihn als "den Denker und Grübler unter den Karikaturisten."

Glänzender Techniker

Flora war ein glänzender Techniker in der großen Tradition eines Honoré Daumier. Mit Alfred Kubin teilte er das Faible für Bizarres und Groteskes – und für die Federzeichnung. Floras Strich ist unverkennbar: Knorrig bei aller Feinheit, kantig wirken selbst Rundungen, Schraffierungen verleihen dem Dargestellten Plastizität.

Dass man von Paul Flora nun in der Vergangenheit als Stern am Himmel der Zeichner sprechen muss, ist eine traurige Tatsache. Rein astronomisch kann man getrost in der Gegenwart bleiben: Ein von Erich Meyer 1996 entdeckter Asteroid, dessen Bahn zwischen jener der Planeten Mars und Jupiter verläuft, wurde mit dem Namen "Paul Flora" bedacht.

Printausgabe vom Samstag, 16. Mai 2009

Kommentar senden:
Name:

Mail:

Überschrift:

Text (max. 1500 Zeichen):

Postadresse:*


* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht veröffentlicht.

Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at