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Sodomie in Strass

17.08.2009 | 18:36 |  (Die Presse)

Shaws Bilder in der Kunsthalle am Karlsplatz – bei freiem Eintritt.

Ein Baby mit Riesenpenis, das sich – im Schoß einer Figur mit Zebrakopf – mit der Schere ins rechte Auge sticht: Das ist eines der unzähligen Motive aus Raqib Shaws „Absence of God“, einer Serie von nur acht Bildern. Die dafür sind meterlang. Ab Mittwoch ist die Schau – gratis – in Kooperation mit der White Cube Gallery London in der Kunsthalle auf dem Wiener Karlsplatz zu sehen.

Am beeindruckendsten: „Absence of God VI“. „Alle anderen Bilder der Serie waren Studien dafür. Man kann nicht eines Tages aufwachen und so etwas malen. Es ist wie Yoga, man muss sich aufwärmen“, sagt Shaw. Wobei er sich Selbstzufriedenheit verbietet, dann verliere er seinen Antrieb – „dann sollte ich lieber Florist werden!“, lacht er.

Shaw stellt fantastische Welten zusammen, die hübsch, ja kitschig glitzerbunt Mischwesen aus Mensch und Tier bei der Ausübung von Sodomie und Gewalt zeigen. Aus dem seit Jahren wachsenden Skizzenkatalog von über 11.000 Motiven, wählt er geeignete Elemente für das spätere Gemälde, projiziert sie an eine Wand, um die richtigen Größenverhältnisse herzustellen. Dann werden die Konturen jeder Kreatur mit einem Glass-Liner nachgezogen, die Flächen dazwischen mit Lack, Email, Glitter oder Strasssteinchen gefüllt. So entsteht ein funkelndes Bild, das mit jedem vorbeifahrenden Auto vor der Glasfront der Kunsthalle durch die Reflexionen ein bisschen lebendig wird.

Zitate aus der Kunstgeschichte (Holbein, Piranesi, Bosch) wie aus der Popkultur finden sich in Shaws Werken, auch aus Heraldik und Götterdarstellungen. Die Skulptur „Adam“, Shaws erste und auch in Wien, hat er aus der Bilderserie „Garden of Earthly Delights“ gelöst. Ein Abguss seines eigenen Körpers mit Vogelkopf wird von einem Hummer vergewaltigt. Die Geschlechtsteile des Menschenkörpers fehlen, stattdessen krümmt sich Gewürm zwischen den Beinen. In „Adam“ vereint sind seine großen Motive: Verletzung und Wunde, Schrei und die Fesslung. trick

Raqib Shaw, „Absence of God“, Kunsthalle Wien, Project Space Karlsplatz, 19.8.–27.9.


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