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Zuletzt aktualisiert: 02.05.2011 um 22:28 Uhr1 Kommentar

"Von da an war es eine geistige Résistance"

Zwölf Jahre lang hat die Galeristin Irmgard Bohunovsky die "Ossiacher Gespräche" organisiert. Nun zieht Klagenfurts erste Kulturamtsleiterin Bilanz aus "Pensionopolis".

Lebt noch immer "von der Wand in den Mund": Irmgard Bohunovsky, Querdenkerin und legendäre Galeristin

Foto © HirtenfelderLebt noch immer "von der Wand in den Mund": Irmgard Bohunovsky, Querdenkerin und legendäre Galeristin

Die "Ossiacher Gespräche", auch wenn sie vom Uni-Club in veränderter Form weitergeführt werden, sind Geschichte. Warum?

IRMGARD BOHUNOVSKY: Ein Symposion zu machen und ein Buch herauszubringen, das ist eine Sache. Aber ich habe auch die Werbung gemacht, Sponsoren gesucht, lektoriert usw. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, dass das einer alleine macht.

Wann ist es überhaupt zur Gründung des Symposions gekommen?

BOHUNOVSKY: Michael Ausserwinkler sagte damals zu mir, er gibt mir Geld, wenn ich in Ossiach etwas Gescheites mache. Die Initiative war so, wie ich mir Kulturpolitik vorstelle: Dass ein Kulturreferent schaut, was ist los und danach Aufträge erteilt.

Und so ließen Sie bei Ihrem ersten Symposion Geistesgrößen wie Peter Sloterdijk über "Kunst und Demokratie" nachdenken. Eine Folge der damals gerade aktuellen Koligsaal-Debatte?

BOHUNOVSKY: Das war sicher so. Die Frage ist: Wie bringen wir ein horizontales Ding wie die Demokratie mit etwas, das so vertikal ist wie die Kunst, zusammen? Das haben wir schon in den 1960ern diskutiert, als ich noch im Klagenfurter Kulturamt war. Eigentlich war ja nur ein Symposion geplant. Aber dann kam die Landtagswahl und im Oktober 1999 die Nationalratswahl. Ich habe damals am Flughafen in Wien gewählt und das Ergebnis in Brasilien erfahren. Und zwar auf der Uni in Campinas. Wir saßen da zusammen im Professorenhaus, haben zu Abend gegessen. Im Eck stand ein Fernseher und brachte das Ergebnis: Zuerst wurden Hooligans in Berlin gezeigt. Das zweite Bild war der Wiener Heldenplatz 1938 und das dritte Bild war der Haider auf den Schultern seiner Freunde. Da habe ich mir gedacht: "Menschenskind, jetzt musst du weitermachen". Von da an ist es eine Art geistige Résistance gewesen.

. . . die Jörg Haider in seinem ersten Jahr als Landeskulturreferent auch noch finanzieren musste.

BOHUNOVSKY: Ja. Ausserwinkler hatte das Geld zugesagt, Haider musste es auszahlen. Aber nur dieses eine Mal, weil ich danach nicht mehr um Förderung angesucht habe. Irgendwie haben die Blauen ja recht, wenn sie sagen: Wenn ich das Geld nehme, kann ich nicht mehr gut schimpfen. So haben wir in den darauf folgenden Jahren lauter Themen abgehandelt, die uns unter den Nägeln gebrannt haben.

Zum Beispiel?

BOHUNOVSKY: Wenn die Kulturpolitik wieder mit dem "Wahren, Guten und Schönen" dahergekommen ist, dann haben wir gefragt: "Was aber ist das Schöne?" Dann hat sich irgendwann die Frage gestellt: Sollen wir bleiben oder weggehen? Da war dann das Thema "Vom Reisen, Weggehen und Sitzenbleiben". Dann kam der 11. September und wir sprachen über "Die Lust am Zerstören". Und so haben wir jedes Jahr auf aktuelle Themen reagiert.

Haben Sie mit Ihren Vorträgen in den Köpfen der Politiker irgendetwas bewirken können?

BOHUNOVSKY: Das glaube ich nicht. Wichtiger war, unser Immunsystem zu stärken. Ich habe zum Beispiel dem Herrn Dobernig die zwölf Symposiumsbände geschickt, damit er sieht, dass es das auch gibt. Es kam ein völlig belangloses Brieferl zurück. Zum Lesen wird er wohl nicht kommen, hat er geschrieben, aber er würde sich über eine nette Plauderei mit mir freuen. Aufklärung ist halt eine Sisyphusarbeit.

Wo stehen Sie eigentlich politisch?

BOHUNOVSKY: An der ÖVP hat mich deren Antimodernität abgeschreckt, aber Busek mag ich sehr gerne. Die SPÖ, wie ich sie in Kärnten kennengelernt habe, war auch nicht mein Fall. Hans Ausserwinkler war da die Ausnahme. Ich war nie bei einer Partei. Ich bin so etwas wie ein Nomade, ein heimatloser Typ. Ich bin ja auch in einem anderen Land geboren, in Tarvis, und Italien war immer durch einen Teil meiner Familie so etwas wie gefühlte Heimat.

Bürgermeister Hans Ausserwinkler hat Sie einst zur ersten Kulturamtsleiterin von Klagenfurt gemacht. Warum sind Sie es nicht geblieben?

BOHUNOVSKY: Er hat mich gefragt, ob ich für ihn das Kulturamt aufbaue. Ich war damals 26 oder 27 und unterrichtete Deutsch und Geschichte am Gymnasium. Ich sagte ihm, dass ich das gerne tun würde, aber nur für fünf Jahre.

In dieser Zeit haben Sie immerhin die "Woche der Begegnung" oder den Skulpturenpark am Wörthersee initiiert. Bedauern Sie heute Ihren frühzeitigen Abgang?

BOHUNOVSKY: Nein. Ich war einfach noch zu jung für einen Lebensjob. Ich habe ja vor dem Studium eine Hotelfachausbildung gemacht, um etwas von der Welt zu sehen. Nach fünf Jahren im Kulturamt hat es sich ergeben, dass ich mit meinem Mann nach Brüssel gegangen bin. Als mein Mann von den Treibachern zurückgeholt wurde, habe ich unsere drei Kinder großgezogen und bin wieder in die Schule. Unabhängigkeit war mir immer wichtig. Und dann kam von der Carinthia die Frage, ob ich in ihren Räumen Ausstellungen machen möchte. Und so habe ich 1979 eine Galerie gegründet.

Sind Sie auch heute noch galeristisch tätig?

BOHUNOVSKY: Eigentlich lebe ich in Pensionopolis und ordne meine Dinge. Aber ich habe in den letzten 40, 50 Jahren eine schöne Sammlung aufgebaut, von der ich zuweilen etwas verkaufe. Ich leb' also immer noch von der Wand in den Mund. In der Galerie hängen sehr schöne Sachen. Wer sich interessiert, kann sich das anschauen. Aber ich mache keine Werbung mehr.

ERWIN HIRTENFELDER


1 Kommentar

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robinsoncrusoefreitagdanieldefoe am 03.05.2011, 19:22Kommentar melden

Pensionopolis ein wundersamer Ort

Ich hab gegrübelt, nachgedacht, quergedacht, horizontal und vertikalgedacht, dann habe ich herzlich gelacht.
Pensionopolis ist ein Kurzgeschichte von Wolf Ernst Hugo Emil von Baudissin (* 30. Januar 1867 in Schleswig; † 4. Oktober 1926 in Weimar)Der liebe Graf Baudissin schrieb unter dem Pseudonym Graf Günther Rosenhagen. Als ehemaliger Oberleutnant nahm er das Obrigkeitsdenken und das Beamtentum in seinen Humoresken auf die sogenannte Schaufel.
Könnte auch aber sein, dass die ehemalige Deutschprofessorin, die mit Pensionopolis bezeichneten Städte Freiburg im Breisgau, Görlitz oder Graz gemeint hat.

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Zur Person

Irmgard Bohunovsky, geb. 1939 in Tarvis, lebte als Kind in Villach, wo ihre Familie 1944 ausgebombt wurde.

Studierte in Wien und Mainz Germanistik, Geschichte und Philosophie (Promotion 1964). Für ihre Dissertation über die Geschichte der Vaterländischen Front wurde ihr 1966 der Leopold-Kunschak-Preis verliehen. Nach kurzem Intermezzo als Gymnasiallehrerin leitete Irmgard Bohunovsky-Bärnthaler von 1966 bis 1971 die Kulturabteilung der Stadt Klagenfurt.

Eröffnete 1979 die Galerie "Carinthia" in Klagenfurt, später auch eine Dependance in Ossiach.

Organisierte ab 1999 in Ossiach und später in Villach ein sommerliches Symposion, zu dem im Klagenfurter Ritter-Verlag 12 Nachlesen mit insgesamt mehr als 4000 Seiten erschienen sind (Bild). Zuletzt erschien der Band "Die einfachen Dinge des Lebens", (300 S., 15,90 Euro). Erhielt u.a. dafür 2007 den Kulturpreis der Stadt Villach.

Lebt heute bei St. Veit/Glan und ist Mutter von drei Kindern.

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