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Kultur 

Nur die Künstler fehlten

VON WALTER FINK

die Zeus-Statue in Olympia, eines der sieben Weltwunder, errichtet hatte, ließ er die Kultfigur für den Tempel, die Athena Parthenos, die jungfräuliche Athene, aus Stein, Elfenbein und Gold anfertigen. Phidias schuf ein Meisterwerk, eine prachtvolle Skulptur, die über und über mit kleinen Goldplatten behängt war. Es kam aber, wie es kommen mußte, wie es vor allem für Erfolgreiche kommen mußte. Phidias wurde - wie sein Auftraggeber Perikles - verdächtigt, sich bereichert zu haben, nicht alles zur Verfügung stehende Gold für die Figur verwendet, sondern in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Die Anschuldigung erwies sich als haltlos, Phidias wurde rehabilitiert. Es ist historisch nicht erwiesen, wer Phidias des Diebstahls bezichtigt hatte, aber aufgrund verschiedener Quellen wird vermutet, daß ein neidischer Kollege hinter der ganzen Sache gesteckt hatte. Neid und Mißgunst unter Künstlern - eine Sache, die so alt ist wie die Kunst selbst.

Von Neid unter Künstlern, von Mißgunst und Auseinandersetzung war auch bei den "Bizauer Gesprächen", die sich am vergangenen Wochenende mit dem Thema "Kunst und Architektur" auseinandersetzten, die Rede. Allerdings nahezu unter Ausschluß der Künstler, denn die blieben - im Gegensatz zum zahlreich erschienenen Publikum - dem Ereignis weitgehend fern. Das wurde von teilnehmenden Architekten ebenso festgehalten wie von Künstlern am Podium. Noch mehr: Ruth Schnell, aus Vorarlberg stammende, in Wien lebende Künstlerin, Mitglied des Landesbeirates für "Kunst und Bau", meinte in der Diskussion zu künstlerischen Wettbewerben, daß es sinnvoll wäre, Jurymitglieder ausschließlich mit Fachleuten von außen zu besetzen. Das sei, so Schnell, die einzige Möglichkeit, der in sich zerstrittenen Vorarlberger Künstlerschaft den Nährboden für Auseinandersetzungen zu entziehen. Widerspruch kam einzig von Künstlern am Podium - denn im Publikum hatte nicht einmal eine Handvoll Künstler Platz genommen.

Das ist etwas, das für einen Teil von Vorarlbergs bildenden Künstlern nicht untypisch ist. Da wird zwar heftig kritisiert, da gibt es untereinander Unstimmigkeiten, da wird nach jedem Wettbewerb anonym oder auch offen - das ist dann schon außergewöhnlich - Freunderlwirtschaft unterstellt. Wenn aber die Möglichkeit besteht, das jenen zu sagen, die dafür verantwortlich wären, dann glänzt man durch Abwesenheit. So weit reicht der Mut dann doch nicht. Das offene Visier ist eben nicht jedermanns Sache. In Bizau wären alle da gewesen, die für Vergaben bei Kunst und Bau etwas zu sagen haben, die politischen Vertreter ebenso wie jene aus dem Beirat des Landes, es wären zudem anerkannte Fachleute für diesen Bereich, Architekten wie Künstler, anwesend gewesen, die ihren Beitrag hätten leisten können. Es wäre der Platz gewesen, um mögliche Kritik anzubringen, um Vorschläge für Verbesserungen zu machen. Nichts dergleichen. Die großen Kritiker unter den Künstlern scheuten diese Form des offenen Diskurses. So blieb es an den zahlreich anwesenden Architekten und an den Künstlervertretern am Podium, das Thema zu erörtern. Und so blieb auch der Verdacht, daß die in jüngerer Zeit an Wettbewerben des Landes vorgetragene Kritik nicht sachlicher Natur ist, sondern eher auf Neid beruhen könnte. Womit wir wieder im alten Athen sind.

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Die Meinung des Gastkommentators muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint sie in der alten Rechtschreibung.




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