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„Seipel agierte schon in Linz sehr großzügig“

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von
Irene Judmayer
"Halte SP-Kündigung des Theatervertrags für einen großen Fehler"
Vor vier Jahren wurde Peter Assmann Direktor der OÖ.Landesmuseen. Damals sprach er im OÖN-Antrittsinterview über seine Pläne, heute spricht er über deren Realisation, über die Kulturhauptstadt Linz, Lentos und Wilfried Seipel.

OÖN: Ihre Vision im Jahr 2000 - die Vereinigung der oberösterreichischen Museen - ist längst Wirklichkeit. Warum war Ihnen das so wichtig?

Assmann: Die Bereiche der oö. Landesmuseen sind ein sehr föderalistisch orientierter Verbund. 12 Spielstätten, verteilt über das ganze Bundesland. Mein Anliegen beruht auf der Stärkung jeder einzelnen Spielstätte und auf einer gleichzeitigen Verbesserung der Kommunikation und des Auftretens nach außen.

OÖN: Praktisch eine Art EU-Konzept?

Assmann: Letztlich ja.

OÖN: Das läuft doch konträr zu dem, was heutzutage viele Unternehmen praktizieren: Ihre Teilbereiche in einzelne Firmen aufzusplitten.

Assmann: Das ist genau der Punkt. Viele übersehen, welche behutsamen Veränderungsmöglichkeiten es gäbe, um bestimmte Ziele zu erreichen. Ich muss nicht alles gleich auf eine wirtschaftliche Basis stellen. Abgesehen davon sind wir kein Museum im Sinne einer gewinnbringenden GesmbH.

Wir sind auch demokratiepolitisch organisiert. Wir haben einen kulturpolitischen Auftrag der öffentlichen Hand. Es darf einfach nicht sein, dass die wesentlichen Objekte der Identität einer Region nur einzelnen gehören und nur für Auserwählte zugänglich sind. Die Bevölkerung Oberösterreichs muss ihre eigene Geschichte präsent haben. Das ist eine der Aufgaben des Landesmuseums.

OÖN: Ihre Teilbereiche spannen sich ja sehr weit...

Assmann: Ja, unser Miteinander spannt sich vom naturwissenschaftlichen Bereich im Biologiemuseum bis zum zeitgenössischen Anspruch der Landesgalerie. Generell haben wir auch einen edukativen Auftrag: Zeitgenössische Kunst etwa hat ihre eigene Sprache, die muss man lernen, um sie zu verstehen. Insgesamt: Wir sind eines der letzten Universalmuseen.

OÖN: Gibt es so etwas wie Ihr Lieblingskind unter den oö. Museen?

Assmann: Nein. Für mich hat Professionalität auch damit zu tun, mein Engagement und meine Interessen so zu konzentrieren und verteilen zu können, dass alle davon profitieren. Für mich persönlich habe ich den Bereich Musik. Da kann ich nur nach Genuss gehen und horch mir im Auto gern Deep Purple an.

OÖN: Ist Ihnen als Präsident des österreichischen Museumsbundes dieses Miteinander auch bundesweit ein Anliegen?

Assmann: Auf jeden Fall. Unsere Kommunikation funktioniert bestens. Das hat sich durch diese Ausgliederungsbestrebungen des Bundes und dessen Rückzug aus der Unterstützung der Landesmuseen zusätzlich verstärkt.

OÖN: Was sagen Sie zu den massiven Vorwürfen des Rechnungshofes an ihren Vorgänger Wilfried Seipel, jetzt Direktor des Wiener Kunsthistorischen Museums?

Assmann: Nun: Er hat ohne Zweifel viel in Bewegung gesetzt. Er hat schon in Linz mit allem sehr großzügig agiert und das tut er jetzt auch am Kunsthistorischen.

OÖN: Das "großzügig" in ambivalenter Bedeutung?

Assmann: Durchaus. Aber es bringt nichts, über Seipel zu lästern, die politische Konstellation ist klar und es wird sich somit nichts ändern...

OÖN: Kritische Töne gab es von Ihnen auch anlässlich der Bestellung der neuen Lentos-Chefin Stella Rollig. Haben Sie Ihre Meinung geändert?

Assmann: Meine Kritik betraf u.a. die Differenzen zwischen Ausschreibung und der Art und Weise ihrer Bestellung. Schließlich wurde eine Person mit kunsthistorischer Ausbildung und abgeschlossenem Universitätsstudium gesucht. Und das ist es nicht geworden. Ich glaube, dass es nach einem Jahr noch zu früh ist, über Inhalte zu sprechen. Ich möchte außerdem der Rollig jetzt nicht über die Zeitung meine Meinung zu ihrer Programmierung mitteilen.

OÖN: Was sagen Sie zum Vorwurf, Sie wären auf Rollig nur deswegen schlecht zu sprechen, weil Rolligs Konzept in Konkurrenz zu Ihrer Landesgalerie stehe?

Assmann: Das ist völlig absurd. Wenn das Lentos seinen Neuigkeitsanspruch verliert, wird es für seine Inhalte stehen, wie wir für unsere.

OÖN: Sie sind in der Beratungsgruppe zu einer möglichen Kulturhauptstadt Linz. Wie wirkt sich der Rückzug der Stadt Linz (SP) aus der Landestheaterförderung aus?

Assmann: Ich halte es politisch für einen großen Fehler. Diese Vorgangsweise mit der Kündigung des Theatervertrages war das schlechteste Signal, das die SP kulturpolitisch setzen konnte. Der Knackpunkt bei einer professionellen Umsetzung einer Kulturhauptstadt Linz ist halt die Verschränkung von Land, Stadt und Bund. Das ist jetzt in Gefahr. Dieser Schritt der SPÖ hat eine sehr schöne Bewegung der 90er-Jahre zum Stoppen gebracht.

OÖN: Was ist Ihre Meinung zur Bestellung einer Kulturhauptstadts-Intendanz?

Assmann: Meine Meinung dazu ist, dass es zuerst einer Strukturdiskussion bedarf, damit die Aufgaben der Intendanz sehr klar bestimmt sind. Erst dann sollte man sich auf die Suche begeben.

OÖN: In Linz läuft es anscheinend anders rum: Da wird jetzt bereits von Namen gesprochen...

Assmann: Ja, und das finde ich schlecht.

OÖN: Verweist so eine Vorgangsweise nicht auf eine Bestellung innerhalb der Stadt?

Assmann: Möglich. Ich denke jedoch, dass das auf eine internationale Ebene gehoben gehört. Der Begriff Ars Electronica alleine reicht nicht mehr aus, um ein Kulturhauptstadtjahr zu füllen...Außerdem muss das Klima zwischen ÖVP und SPÖ geklärt werden, sonst wird so eine Intendanz zum Spielball und dabei verlieren wir alle.

OÖN: Die OÖN fahren morgen mit einer Landes-/ Stadt-Delegation zur zweiten EU-Kulturhauptstadt 2009, nach Vilnius. Sie pflegen ja auch rege Kontakte ins Baltikum, was ist Ihr Eindruck bezüglich einer möglichen Partnerschaft mit Linz?

Assmann: Eines ist klar: dort gibt es wenig bis kein Geld. Als Partner für größere Projekte ist Vilnius eher im Bereich des Nehmens als des Gebens möglich.

OÖN: Gibt es noch einen besonderen Wunsch für die Zukunft?

Assmann: Ja, und das betrifft wieder die Kommunikation Stadt Linz und Land Oberösterreich: Das gibt es sonst nirgends, dass sich in keiner Tourismus-publikation der Stadt ein Hinweis auf die oö. Landesmuseen befindet. Es interessiert doch wirklich keinen Touristen, der nach Linz kommt, ob das eine Einrichtung von Land oder Stadt ist, die er anschauen will. Wass will man also auf diesem Feld gewinnen? Da würde ich mir ein anderes Klima wünschen. Für uns und für unsere Besucher.

OÖnachrichten vom 21.10.2004
 
   



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