Gescheite(rte) Zusammenarbeit

Rem Koolhaas wollte der Bedeutung des Wortes "Schauraum" eine neue Bedeutung geben.


Die Eröffnung des Prada-Flagshipstores in SoHo war ein gesellschaftliches Ereignis der Extraklasse. Die Modewelt gab sich ein Stelldichein um den neuesten Wurf des urbanen Vordenkers Rem Koolhaas zu bestaunen.

Mit 40 Millionen Dollar (34,97 Millionen Euro) ist das neue Prada-Flaggschiff pro Quadratmeter in Downtown die teuerste Verkaufsfläche. Die Leitidee hinter dem Projekt war, nicht weniger, als das Einkaufen für das 21. Jahrhundert neu zu erfinden. Den Katalysator zu diesem ehrgeizigen Projekt sollte das Guggenheim-Imperium abgeben.

Mit der Planung der Las-Vegas-Filiale war die Achse Krens-Koolhaas bereits gut erprobt. Außerdem hatte die amerikanische Architekturklasse des Niederländers mit dem 800-Seiten-Schmöker Harvard Design Guide to Shopping bereits solide Vorarbeit geleistet.

Kritisches Potenzial

Rem Koolhaas
Rem Koolhaas

Mit dieser einzigartigen Zusammenarbeit wollte Koolhaas Fragen nach dem Wesen von Kunst und Konsum aufwerfen. Gerade Guggenheim hat diesen Zusammenhang immer sehr weit interpretiert - etwa mit einer von BMW unterstützen Motorradausstellung. Die Verbindung der beiden Sphären sollte diese Entwicklung konsequent zu Ende treiben.

Theoretisch ließe sich dagegen einwenden, dass sich gerade das Prada-Publikum davon kaum hätte abschecken lassen. Praktisch ist jetzt so, dass aus all den Plänen nichts geworden ist. Guggenheim, das ursprünglich diesen Ort vor Prada bespielt hatte, musste sich aus finanziellen Gründen zurück ziehen.

Geldnot

Ironischerweise treffen sich da die Beinahe-Partner. Schließlich hat sich Prada mit seiner Expansionspolitik bedenklich weit aus dem Fenster gelehnt. So weit, dass beide weiteren von Rem Koolhaas geplanten Filialen in Beverly Hills und San Francisco einstweilen auf Eis gelegt sind. Was bleibt ist die Bühne dieses gescheiterten Versuchs.

Die Welle

Der ganze Raum an der Ecke Prince Street und Braodway wird dominiert von einer Struktur, die Koolhaas "The Wave" nennt. Die konkave Form zieht sich über zwei Stockwerke. Die Treppen an der Schräge dienen zur Präsentation von Schuhen ebenso, wie zum Sitzen - bei kulturellen Veranstaltungen. 150 Menschen passen in dieses "Theater". Eine hydraulische Anlage auf der gegenüberliegenden Seite der Welle kann zur Bühne umgebaut werden. Nach dem Rückzug von Guggenheim wurde aus dem geplanten Kommentar auf den sozialen Akt des Einkaufens wenig mehr als eine gelungene Firmenpräsentation. Jetzt bespielt die Prada-Foundation temporär ihren Schauraum.

Shoppen und ficken

Was bleibt, sind auch auch die Versuche von Rem Koolhaas Shopping an sich neu mit Bedeutung aufzuladen. Gut, neu ist es vielleicht nicht Sex und Einkauf gleichzusetzen - nicht erst seit sich der britische Skandalautor Mark Ravenhill dieses Themas angenommen hat. Effektiv ist es allemal und so lustwandeln die potenten Prada-Kunden nun Video-Alleen die neben Prada-Modeschauen und Ausschnitten aus Goddard-Filmen auch saftige Sex-Szenen zeigen. Dazu passend die gläsernen Umkleidekabinen, die erst auf Knopfdruck opaken Sichtschutz bieten.
Mode, durch die Koolhaas-Brille betrachtet, definiert sich also in erster Linie durch eine Mischung aus Sex, Verführung und narzistischer Selbstpräsentation. Quod erat demonstrandum.

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Fotogalerie New York
Prada (Meister Koolhaas ist allerdings noch bei der Arbeit.)

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