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Kunstberichte

Picasso ist normal für sein Alter

Eine deutschsprachige Erstaufführung im Salzburger Landestheater: "Rembrandt B12" von Jean-Michel Ribes
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- In „Rembrandt B 12“ zeigt das Salzburger Landestheater Jean-Michel Ribes’ satirischen Rundumschlag gegen Künstler und Kunst-Adabeis in der Inszenierung von Barbara Neureiter.  Foto: Christian Schneider

In „Rembrandt B 12“ zeigt das Salzburger Landestheater Jean-Michel Ribes’ satirischen Rundumschlag gegen Künstler und Kunst-Adabeis in der Inszenierung von Barbara Neureiter. Foto: Christian Schneider

Von Reinhard Kriechbaum

Das Stück müsste gar nicht "Rembrandt B12" heißen. "Salvador Dali B12" ginge auch. Im Dali-Sektor der Museums-Tiefgarage, auf Platz B12, steht nämlich das Auto. Die etwas verwirrten Museumsbesucher suchen bei Rembrandt, das ist der Fehler. Sie kommen ins Reden über Kunst. Gegen vieles lässt sich was sagen, aber gegen Picasso eigentlich nichts: "Picasso ist normal für sein Alter."

In einer Stadt voller Museen wie Paris drängt sich ein Stück wie "Rembrandt B12" von dem Pariser Dramatiker und Theaterleiter Jean-Michel Ribes auf. Da sind ja die Millionen in Sachen Kunst auf den Beinen, und es sind nicht nur Kenner darunter. Schon gar nicht lauter helle Köpfe. Bei einer Vernissage reklamiert einer heftig, dass er nichts versteht von dem Gebotenen. "Ich zahle meine Steuern in der Gegenwart, also habe ich ein Recht, die Kunst der Gegenwart zu begreifen."

Und solche Dinge kann man überall hören, nicht nur in Paris. Es reden ja viele dumm über Kunst, wogegen eine Kunstvermittlerin ihren Studenten ans Herz legt, dass die Kunst "nicht im Ausgesprochenen" liege, "sondern im Schweigen". Worauf prompt einer sinniert, ob denn "Kunst von schweigenden Idioten mehr beschädigt wird als von sprechenden Intellektuellen".

Lachen über Künstler

Mit "Rembrandt B12" hat das Salzburger Landestheater die Lacher über Kunst, Künstler und ihr Publikum allemal auf seiner Seite.

Wir sind drei Stunden lang im Museum: auf einer von Dorit Lievenbrück entworfenen Drehbühne, die oft in Bewegung ist. Das wirkt, als ob man tatsächlich durch einen Musentempel schlenderte und da und dort Gespräche aufschnappte.

Klar, dass bei einem Stück über eine so elitäre Institution so etwas wie Loriot’scher, also spießbürgerlicher Humor aufkommt. Schwer zu sagen, ob dieser Effekt mehr auf Regisseurin Barbara Neureiter oder auf den Bühnentext von Jean-Michel Ribes zurückgeht.

Der hat ja bloß einen Packen Text zur Verfügung gestellt, ein Script, aus dem für die jeweilige Aufführung erst die Dramaturgie zu entwickeln ist.

Nicht nur Kabarett

Ironische, kabaretthafte Szenen stehen neben Situationen mit surrealem Einschlag. Vordergründig witzig ist das in jedem Moment, gelegentlich greift’s auch tiefer. Geradezu herzzerreißend, wie die Museumswärter da sitzen und einer Besucherin ihr Leid klagen. Nichts als Ästhetik acht Stunden lang, wie soll man das denn aushalten ohne Psychoknacks? Und wenn man den lieben langen Tag über die nackten Brüste von Rubens-Damen wacht – klar, dass dann "die Ehefrau etwas farblos" wirkt.

Panik vor Grünanlagen

Ein ironischer Streifzug also, in dem das Schauspiel-Personal des Landestheaters und eine ansehnliche Statistenschar hinlänglich beschäftigt sind. In den unterschiedlichsten Rollen kommen sie Szene um Szene daher.

Warum bloß reagiert der Direktor Mosk (Gerhard Hermann) gar so panisch, wenn er irgendwo einen Anflug von Grünzeug entdeckt? Das Ausblenden der Natur rächt sich. "Die Museen werden immer mehr von Grünanlagen umzingelt", hat es ja schon anfangs geheißen und am Ende werden wir Zeugen eines schauerlichen Showdowns, wenn die Natur zurückschlägt und das Museum gar bersten lässt. Die Technik hat zu tun bei dieser Aufführung.

Und was das Verhältnis zwischen Natur und Kunst betrifft, sollten wir uns ohnedies einer der Figuren im Stück anschließen: "Ich begeistere mich noch lange nicht für einen Sonnenuntergang, der nicht von Turner ist!"

Rembrandt B12

Von Jean-Michel Ribes

Barbara Neureiter (Regie)

Mit Gerhard Hermann u.a.

Salzburger Landestheater

(Tel.: 0662/871 512-222)

Wh.: 7., 14., 15., 17. Februar

Glänzende Kunstsatire.

Montag, 05. Februar 2007


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