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Kammer für Arbeiter und Angestellte,
Bildungszentrum Wien 30.11.2000 - 30.3.2001
Man kann nicht von vielen Ausstellungen der letzten
Jahre sagen, dass sie durch besondere Überlegungen in Präsentation
und Aufbau überzeugt hätten. Fotoausstellungen hatten da immer schon
etwas mehr Spielraum, zumal sie oft in kleinerem Rahmen stattfinden.
Die Ausstellung mit Fotoarbeiten von Lisl Ponger im Bildungszentrum
der Kammer für Arbeiter und Angestellte, die drei Werkgruppen aus
den letzten acht Jahren zeigt, ist eines dieser eher seltenen
Beispiele für eine gelungene Präsentation in schwierigen
Räumlichkeiten die zweite, die Walter Kirpicsenko nach einer
Ausstellung über Fotografie der Zwischenkriegszeit für das AK
Bildungszentrum gemacht hat. Damit setzt die Institution sein
Programm mit Fotogeschichte in einem größeren sozialen Zusammenhang
fort. Als Box in der Box fungieren Betonytwände, die in den
Foyerraum im ersten Stock des Bildungszentrums so eingebaut sind,
dass sie dieses mit einer Wand, die für Texte genutzt wird, quasi
abschotten. Im äußeren Umgang wird die im Format kleinere Gruppe der
»Xenographischen Ansichten« sowie »Fremdes Wien« auf schwarzen
Wänden gezeigt, während sich innen ein weißer heller Raum mit der
neuen, im Jahre 2000 entstandenen Serie »Made for Europe« öffnet.
Ein quasi fotografisches Display mit einem Wechsel von hell und
dunkel, von schwarzen beziehungsweise weißen Wänden und Boden ordnet
die drei Werkgruppen und stellt eine Spannung zwischen Bild und
Text, zwischen Wandabwicklung und Einzelbild her. Gerade der
Vergleich von Ausstellung und Katalog, der das Bildmaterial weniger
differenziert erfasst als die Ausstellung, macht deutlich, was ein
sorgfältiger Umgang mit den Bildern vermag, zumal im Katalog auf die
unter den Bildtiteln erscheinenden Bildkommentare verzichtet wurde,
die zwar nur kurze Angaben darstellen, mir aber für die Arbeit Lisl
Pongers ganz wesentlich scheinen. Was im Katalog eine eher
technische Ergänzung ist, erfüllt in der Ausstellung als Textwand,
Bodenschrift beziehungsweise Bildbeschriftung den Zweck eines
mimetischen Korrektivs, das Gleichheit wie Differenz, den anderen
wie das Selbst erfasst. Die Konstruktion von Orten, die Inszenierung
ihrer eigenen Person und die Texte ergeben die eigentlichen
Schnittstellen, die der Blick auf das Andere im Eigenen möglich
macht und als exotisch benennt, was wie nebenan stattfindet so wie
schon die Surrealisten Paris für den exzentrischsten Ort der Welt
hielten. Und so scheint mir ein Foto wie »Lucky us« weniger das
eines Nachbildes des imperialen Blicks als eines der genauen
ikonografischen Schnittstelle zwischen europäischem Katholizismus
und kolonialen Repräsentationsmustern. Wie aufwändig Lisl Pongers
Inszenierungen dabei sein können, zeigt etwa »Out of Austria«, das
die Situation eines Fotostudios, prinzipiell ein Ort von Imagination
und Wunscherfüllung, simuliert. Als Hintergrund wird hier ein Motiv
von der Verpackung eines Kinderbrettspiels aus den fünfziger Jahren
verwendet, die Malerei wird im Vordergrund durch Asphalt mit Unkraut
gebrochen. In einem Kleid mit Motiven des Meinl-»Mohren« ist Lisl
Ponger hier klassisches Repoussoir, wie sie sich generell in
tradierten Mustern in ihre Bilder einbringt, die zum Teil auch
technisch, vom Negativ- zum Farbbild etwa, betont werden. Innerhalb
von gewollt stereotypen europäischen Bild-Konventionen bleibt ihr
eigenes Bild als Selbstdarstellung variabel und veränderbar, und in
dieser Rhetorik fängt sie das/die A/andere/n auf und schirmt es/sie
ab, denn sowohl das Mädchen in »The Strange Mission« als auch die
Frauen auf den anderen Bildern der Serie erwidern den Blick nicht,
sondern haben die Augen geschlossen.
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