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24. Jänner 2007
13:58 MEZ
Was nicht im Abkommen steht
Die Aufgaben der Claudia Schmied - Analyse von Thomas Trenkler

Dass die Volkspartei, so der generelle Tenor, beim Ausverhandeln des Koalitionsabkommens keine Abstriche machen musste: Das stimmt natürlich nicht. Denn die "Kultur", also die Bundesmuseen, die Nationalbibliothek und der Denkmalschutz, wanderte nicht, wie man erwarten durfte, zu Wissenschaft und Forschung. Damit endet eine im politischen Geschäft unglaublich lange Ära: Exakt zwei Jahrzehnte lang (1987 folgte Hans Tuppy als Wissenschaftsminister auf den jetztigen Bundespräsidenten Heinz Fischer) legte ein ÖVP-Minister seine schützende Hand über die Museumsdirektoren.

Klaus Albrecht Schröder, der Direktor der Albertina, kann von der neuen Konstellation und der alten Freundschaft zu "Alfred" nur profitieren: Mit Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hatte er ja jede Menge Sträuße zu fechten. Dass die "Graphische Sammlung" künftig auch Ölgemälde und manch anderes sammelt, dürfte daher kein Problem darstellen.

Sein Kollege Wilfried Seipel hingegen, Vertrauensmann von Wolfgang Schüssel, ist aus gutem Grund "nicht glücklich", dass ab nun die von Gusenbauer aus dem Hut gezauberte Claudia Schmied für das Kunsthistorische Museum, eine "wissenschaftliche Anstalt", zuständig ist. Schließlich steht die Verlängerung seines Ende 2008 auslaufenden Vertrags an. Beziehungsweise die Ausschreibung des Jobs.

Und weil Gehrer eigentlich alles gestattete, was ihre Direktoren taten, wartet auf Schmied ziemlich viel Arbeit. Es könnte nun endlich zu einer objektiven Evaluierung kommen und zu einer oft geforderten Feinabstimmung zwischen den Programmen der Häuser unter Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und Konkurrenzierung.

Auch das Kunstrückgabegesetz, 1998 beschlossen, bedarf längst einer Novellierung. Eva Blimlinger von der Angewandten, Ex-Koordinatorin der Historikerkommission, fasst im aktuellen Falter zusammen: Parteienstellung für Anspruchsberechtigte, rechtsstaatliche Verfahren, gesetzliche Verankerung der Provenienzforschung, monatliche Sitzungen des Kunstrückgabebeirats, Verpflichtung zur Veröffentlichung der Entscheidungen, aktive Erbensuche - "und endlich eine seriöse unabhängige Provenienzforschung und Kunstrückgabe aus der Stiftung Leopold". Rudolf Leopold konnte sich ja nur deshalb erfolgreich gegen Restitutionen wehren, weil die Regierung Schüssel vom Dirimierungsrecht in der vom Staat finanzierten Stiftung keinen Gebrauch machte.

Natürlich wird es auch Schmieds Aufgabe sein, mehr Geld für Kunst und Kultur aufzustellen. Und zwar "frisches Geld". Denn obwohl das Unterrichtsministerium eines der größten Budgets des Staates verwaltet, ist es nicht so einfach, zusätzliche 20 Millionen Euro für die Bundesmuseen und weitere zehn Millionen für die Bundestheater, die als Bedarf gelten, frei zu machen: Aufgrund der enormen Personalkosten für den Lehrkörper ist der Spielraum ein äußerst geringer.

Angesichts der Sparpläne, die sich die neue Regierung für die nächsten Jahre verordnet hat, ist die Aufgabe eine äußerst diffizile. Und auch wenn sich die Intellektuellen von Schmied vor allem die Fähigkeit zum Diskurs über gesellschaftspolitische Probleme erwarten: Der Erfolg der Ministerin wird vor allem am Budgetzuwachs gemessen werden - und der "gerechten" Verteilung der Mittel.

Es wäre daher kaum ohne massive Kritik zu kommunizieren, wenn zwar weitere 30 Millionen Euro in die paar Hochkulturinstitutionen des Bundes flössen, während das Kunstbudget, mit dem das zeitgenössische Schaffen gefördert wird, weiterhin bei rund 85 Millionen Euro stagniert. Denn gerade in diesem Bereich, für den die letzten sieben Jahre ÖVP-Staatssekretär Franz Morak verantwortlich zeichnete, gibt es enorme Defizite.

Ein Leidtragender war sicher die Stadt Wien: Morak versuchte mit untauglichen Maßnahmen, mehr Mittel für die Aktivitäten in den Bundesländern zur Verfügung zu stellen. Was nur über Subventionskürzungen, die zum Teil wohl auch parteipolitisch motiviert waren, ging. Andreas Mailath-Pokorny, der Wiener SP-Kulturstadtrat, hegt daher große Hoffnungen, dass seine Parteikollegin diese schnellstens wieder zurück nimmt.

Allerdings: Die Kunstförderung ist prinzipiell Sache der Länder und Gemeinden. Wenn sich der Bund engagiert, dann ohne Verpflichtung. Und wenn Bund, Stadt und Land etwas gemeinsam finanzieren, müsste Wien (als Stadt und Land) eigentlich zwei Drittel übernehmen. Und nicht nur die Hälfte. Zudem ist Schmied für ganz Österreich zuständig. Und für alle heimischen Künstler. Es braucht zum Beispiel eine Künstlersozialversicherung, die der Bezeichnung endlich gerecht wird. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.1.2007)


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