Zwar zählt der Künstler Paul
Zwietnig-Rotterdam seit den Neunziger Jahren zur "New York School" und
lebt auf einer Farm in North Blenheim, doch ist er 1939 in Wiener
Neustadt geboren und hat immer wieder an österreichischen
Sommerakademien unterrichtet.
Am Montag bekommt der berühmte
Auslandsösterreicher das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft
und Kunst verliehen. Das Kreuz ist auch jenes Symbol, das ihn in seiner
Malerei jahrzehntelang beschäftigte, ganz in der Nachfolge der
abstrakten Expressionisten in Amerika, etwa von Mark Rothko.
1960 bis 1966 hatte Rotterdam – nach einem kurzem Intermezzo an den
Wiener Kunstakademien – Philosophie studiert und sich in seiner
Dissertation mit visuellen Theorien beschäftigt.
1968 wurde der Kunstphilosoph an die renommierte Harvard University
berufen, wo er bis 1987 ebenso lehrte wie an der Cooper Union School of
Art in New York. Die Verbindung nach Europa riss aber allein schon
wegen seiner Vertretung durch die prominente Pariser Galerie Maeght nie
ab, seine Buchprojekte verwirklichte er in der Züricher Edition
Storrer.
Zurück zur Natur
Das NÖ Landesmuseum zeigt mit "Substance – Ausgewählte Werke"
Rotterdams Assemblagen und enkaustischen Malereien (auf Wachsbasis),
das Leopold Museum konzentriert sich auf "Die Kunst der Linie –
Zeichnungen". Carl Aigner kuartierte an beiden Orten. In Wien stellten
Rudolf Leopold und der Künstler Objekte ihrer afrikanischen Sammlungen
als Ergänzung gegenüber.
Die Jahrzehnte dauernden abstrakten Diskurse bereichert Rotterdam
heute mit einer leisen Rückkehr zur Naturschau. Dabei geht es
keinesfalls um einen Realismus oder das Abbild des Gesehenen, sondern
um eine poetische Spiegelung im Inneren und eine hohe Konzentration,
die über die Meditation hinaus, fast Exerzitien gleich kommt.
Vom streng Geometrischen ist er in organische Strukturen
zurückgekehrt, was sich in den Zeichnungen durch wie im Nebel
auftauchende Baumkürzel oder Horizonte und Gräser äußert. Vom
gestisch-aggressiven Strich der Frühzeit wandelte er sich in eine fast
elektrisch aufgeladene Sensibilität der Linien.
Poetische Themen nach Rainer Maria Rilke bewegen ihn ebenso wie die
männlichen Mythologien des gescheiterten Himmelseroberers Ikarus in den
Bildern und Bildobjekten, die zuvor in der konzentrierten Auslotung von
Horizontale und Vertikale nur die "Substance" des Lebens in die Kunst
übertrugen. Zur amerikanischen Strenge kam aber immer die europäische
Liebe zum Spiel mit den Materialien, weshalb Rotterdam eine
Einzelposition dazwischen einnimmt.
Projekte und Performances kann man im Kata log (Prestel-Verlag)
einsehen. Seinem Motto "I paint what I can’t paint" verschrieb sich
zuvor kein geringerer als Leonardo da Vinci.
Paul Rotterdam
Leopold Museum Wien (bis 1. Okt.); NÖ Landesmuseum St.Pölten (bis 23. Sept.)
Intensive Spurensuche.
Donnerstag, 30. August 2007