Kultur/Medien | 17.07.01 | www.DiePresse.at |
Wie sie uns täglich begegnen
"Bilder von Wienern" zeigt die Galerie "Museum auf Abruf" anläßlich des 200. Geburtstags von Johann Nestroy als "Photographische Hommage".
Den Hausmeister, wie ihn Elias Canetti in seinem
Roman "Die Blendung" verewigte, gibt es nicht mehr. Auch der "Naschmarkttrampel"
ist ausgestorben, durch freundliche Türkengesichter ersetzt. Ein von Reinhard
Mandl im vergangenen Jahr aufgenommener Straßenkehrer ist ein Schwarzer, und
unter die böhmisch-kroatische Wiener Physiognomie mischt sich allerlei
"Fremdländisches".
Den "klassischen" Wiener, wie wir ihn kennen, dem wir in
öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Straßen und Parks (die Wienerin!) täglich
begegnen, gibt es natürlich dennoch. Das sind die Typen im Café, beim Heurigen,
im Weinhaus an der Peripherie und wie sie uns auch aus ihren Autos
herausfordernd grantig anstarren.
Den homo vindobonensis zu beobachten, hat
der aus Böhmen stammende Rechtsanwalt Emil Mayer bereits um 1910 begonnen. Der
ihn wiederentdeckt hat, heftete sich an seine Spuren: Franz Hubmann. In den
Fünfzigern und Sechzigern schuf er Schnappschüsse, die sich uns längst
eingeprägt haben: am Brunnenmarkt oder im vom Herrn Karl so bezeichneten
"Invasionsgebiet" - gemeint war das von Überflutungen bedrohte.
Schon zu
Nestroys Zeiten wird es schwierig gewesen sein, den "klassischen" Wiener
herauszufiltern; sind nicht auch Burgenländer, Niederösterreicher, womöglich
Tiroler in der Stadt? Reines "Wiener Blut" gibt's nicht, aber Fiaker und
Kerzelweiber der Art, wie sie von diversen Kameras eingefangen wurden, die
lassen sich nur ihrem unmittelbaren Umraum zuordnen, der sich so differenziert
auffächert wie dessen Bewohner.
Leo Kandl, Didi Sattmann, Sepp Dreisinger,
Marcelo Perocco und andere schufen von ihnen eindringliche Bilder. Vor allem von
den vielen Alten, nicht nur den Neunzigjährigen, wie sie Willy Puchner in ihrem
Heim-Ambiente festgehalten hat, oder Harry Weber im Café und sonstwo, Heinz
Cibulka in der Donaustadt. Der Wiener Kosmos hat zahlreiche Beobachter und
Interpreten gefunden. Auf sogenannte "Prominente", wurde verzichtet. Die "Bilder
von Wienern" bleiben anonym.
I., Makartgasse 1, bis 13. Oktober; Mo.-Fr.
13-19, Sa. 10-16 Uhr.