Rupertinum Salzburg: Alfred Kubin als Zeichner und Illustrator
Labyrinth der Traumwelt
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Alfred Kubin: "Der Hunger", (1903, aus der Hans-von-Weber-Mappe). Foto: Auer/VBK, Wien
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Von Krista Hauser
Mit einer erlesenen Schau aus eigenen
Beständen, heimischen Museen und deutschen Sammlungen würdigt das
Rupertinum in Salzburg den "Magier mit dem Zeichenstift". Der Anlass:
Kubins 50.Todestag und das Erscheinen seines phantastischen Romans "Die
andere Seite" vor 100 Jahren.
"Salzburg ist eine wunderbare Stadt und die Bauten, welche Zeugen
ihrer großen Vergangenheit sind, gehören zum dauernden Inhalt meiner
Träume", schrieb Alfred Kubin in seiner Autobiographie. Doch vom Zauber
des Barock, vom sakralen fürstlichen Glanz oder gar familiärer
Geborgenheit ist auf seiner aquarellierten Tuschfederzeichnung mit dem
Titel "Salzburg im Traum" nichts zu spüren.
Die Stadt, in der er seine frühe Kindheit und ersten Jugendjahre
verbringt, wird für ihn ein Ort traumatischer Erfahrungen. Ein Gefühl
der Fremdheit, Ängste, Albträume begleiten den Künstler und Poeten bis
zu seinem Tod im romantischen Schlösschen in Zwickledt (Oberösterreich)
am 20. August 1959. Und sie prägen sein riesiges Œuvre, seine
literarischen Texte, seine Zeichnungen, Druckgrafiken und
Illustrationen zu Trakl, Kafka, Dostojewski, Edgar Allan Poe, Voltaire,
Strindberg und Gérard de Nerval, die ihn auch außerhalb des deutschen
Sprachraumes berühmt machten.
Kubins einzigen Roman, "Die andere Seite", eine düstere Metapher für
das geistige und soziale Klima in Österreich am Vorabend des Ersten
Weltkrieges, nannte Hermann Hesse das "am meisten dichterische Werk der
letzten Jahrzehnte". Kubin illustrierte die visionäre Geschichte sogar
zweimal. Wie sich sein Zeichenstil seit der Erstausgabe von 1909 bis
zur zweiten Fassung aus dem Jahre 1952 änderte, ist vor allem für
Künstler und die überschaubare, verschworene Gemeinde von Kubin-Fans
interessant.
Da schwebt etwa der grauenhafte "Mann am Spieß" auf der ersten
Zeichnung beinahe im luftleeren Raum, bewacht von einer einsamen
Gestalt. Jahrzehnte später wird es "impressionistischer", wie Kubin den
Wandel selbst interpretiert. Gekrümmt wälzt sich der aufgespießte Mann
auf einer Liege . . .
Blätter wie diese, etwa die gespenstische Mähre, Ruinen mit und ohne
Menschen, der Zeichner am Fenster, Moscheen aus dem Nahen Osten, die
geheimnisvolle, dem Untergang geweihte Stadt Perla stehen im Zentrum
der Schau. Dazu kommen Mappenwerke, die erwähnten Illustrationen für
bedeutende Werke der Weltliteratur, Bücher und Autographe.
Berühmt im Ausland
Kubin war ein passionierter Briefschreiber. Er pflegte so aus dem
einsamen Zwickledt, wo er seit 1906 mit seiner kränklichen Frau Hedwig
lebte, seine Kontakte. Denn trotz seelischer Krisen, den Schatten und
Dämonen aus dem Unterbewusstsein, die er auf seine Blätter bannte,
gehörte er im deutschsprachigen Ausland zu den bekannten Größen.
In Österreich wurde er erst spät wahrgenommen, erstmals als bereits
47-Jähriger vom Wiener Galeristen Otto Nierenstein. Dann zum 50.
Geburtstag mit einem Sammelband, den ihm Künstler und Dichter, u.a.
Anton Faistauer, Arthur
Roessler, Clemens Holzmeister, Oskar Laske und Richard Schaukal
widmeten. Würdig für die Albertina wurde er zu seinem 60. Geburtstag.
Zwei Jahre vor seinem Tod bekam er das österreichische Verdienstkreuz
für Wissenschaft und Kultur. Da hatte er bereits gegen eine Rente
seinen gesamten zeichnerischen Nachlass dem österreichischen Staat und
dem Land Oberösterreich geschenkt.
Geblieben ist neben diesem Erbe der Einfluss des "Magiers aus einem
Traumreich" auf viele heimische Künstler: von Hans Fronius über Paul
Flora bis zu Christian Ludwig Attersee, Arnulf Rainer und Franz West.
Sie sind neben internationalen Artgenossen ebenfalls zur Zeit im
Rupertinum in der Sonderschau "Wie im Traum" versammelt. Eine stimmige
Hommage.
Ausstellung
Die andere Seite
Alfred Kubin als Zeichner und Illustrator Museum der Moderne Rupertinum Zu sehen bis 12. Juli
Printausgabe vom Samstag, 27. Juni 2009
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