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13.12.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Belvedere: Licht, locker, leicht | ||
VON PAUL KRUNTORAD | ||
Anton Lutz in der Österreichischen Galerie. | ||
Stets im selbst gewählten Rahmen der Mainstream-Malerei blieb Anton
Lutz (1894-1992). Mit elf Geschwis tern früh verwaist, konnte er sich
professionelle Ausbildung erst nicht leisten, absolvierte die k. u. k.
Lehrerbildungsanstalt in Linz, fand einen Posten, nahm daneben an
Ausstellungen teil, war Gründungsmitglied der Künstlergruppe MAERZ. Mit
Farbe umzugehen, hatte er vom Vater gelernt, der Lehrer und Organist im
Prambachkirchen war und daneben malte: Wald, Wiese und Feld in kleinen
Formaten. Auch das früheste Bild, das die Retrospektive zeigt, ist
eine kleine Landschaft (1907). Sie mutet in jeder Hinsicht professionell
an, obwohl Lutz erst 13 war, als er sie malte. Drei Jahre später zeigte er
im Bild "Roter Sonnenschirm" Gespür für koloristische Effekte und
Handhabung des Lichteinfalls. Nach dem Kriegsdienst kam der geregelte
Lebensrhythmus: Volksschullehrer, Mitglied des oberösterreichischen
Kunstvereins, Heirat, Mitglied der Wiener Secession. Die Wiener Akademie
wies ihn ab, aber er nahm in einer Münchner Privatschule Malunterricht.
Die gewonnene technische Sicherheit merkt man Bildern wie "Vor der Stadt"
und "Hauptplatz von Linz" an. Letzteres regt Kurator Peter Assmann zu
einem schwärmerischen Exkurs über Lutz' Lichtmalerei an - nicht zu
Unrecht. In der Zwischenkriegszeit lud die Wiener Secession Lutz
regelmäßig ein, und regelmäßig lobte auch Viktor Trautzl, Kritiker der
Wiener "Reichspost", des "Tagblatts für das christliche Volk", seine
Bilder, wohl in der Absicht, die Tugenden der Provinz gegen die
Modernismen der Hauptstadt auszuspielen, so Ko-Kurator Franz Smola. Doch
im Gegensatz zu manch bekannterem Zeitgenossen findet man bei Lutz keine
Annäherung an völkische Blut- und Boden-Klobigkeit. Im Gegenteil: Seine
Landschaften werden impressionistisch lockerer, seine Akte sind elegant
und frei von jedem Voyeurismus, seine Porträts (und Selbstporträts) auf
eine unsentimentale Art und Weise einfühlsam. Ein schönes Beispiel ist der
"Junge Segler" (1958) - der achtzehnjährige Christian Ludwig Attersee in
breitkrempigem Strohhut, blaugestreiftem Hemd, mit einem melancholisch
verhangenen Blick. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Lutz Präsident des
Oberösterreichischen Künstlervereins und konnte seinen Brotberuf aufgeben.
Ein erfülltes Leben, ein Künstler, hoch talentiert, aber immun gegen alle
Anfechtungen - man ist versucht zu sagen: von links wie von rechts. 1926
reiste Lutz nach Paris, doch die Begegnung mit der Moderne ging spurlos an
ihm vorüber, weckte keine Experimentierlust. Merkwürdig: Schon "Die
Landschaft" von 1911 zeugt von einem aufmerksamen Blick für
Flächenstrukturen, Cézanne kannte Lutz damals wohl kaum. Im Spätwerk zeigt sich eine Leichtigkeit der Reduktion
auf sparsam bemessene Farbmarkierungen, die an Raoul Dufy erinnert; in
"Das neue Modell" (1956) gelingt Lutz das Schwierigste der
gegenständlichen Malerei: die Darstellung der psychologischen Valeurs
einer momentanen Situation. |
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