23. Juni 2010 - 00:04 Uhr · · Kultur

Schonungsloser Humanismus: Alfred Hrdlicka im Belvedere

Schonungsloser Humanismus: Alfred Hrdlicka im Belvedere

Ein langer, schmaler Raum; bordeauxrote Wände in reduziertem Licht; lediglich kleine Deckenlampen heben die Leid und Schmerz verkörpernden Figuren hervor. 17 Steinskulpturen, eine Bronzeskulptur und ein großformatiges Gemälde des Wiener Malers und Bildhauers Alfred Hrdlicka (1928– 2009) bilden die imposante Ausstellung „Schonungslos!“, die von heute bis 19. September in der Orangerie im Unteren Belvedere zu sehen ist.

„Der Alfred Hrdlicka, den wir durch diese Ausstellung kennenlernen, war ein extrem sensibler Mensch, der Angst vor Leid hatte, wenn dieses Anderen zugefügt wurde. Durch die Visualisierung dieses Themas konnte er seine Angst überwinden“, schildert Kurator Alfred Weidinger. In seinen Werken visualisiert Hrdlicka schockierend Schmerz, Mord und Terror. Einzelne Figuren lösen Unbehagen aus, besonders imposant ist die Skulptur „Gekreuzigter“ (1959), bei der Kopf, Arme und Beine abgetrennt sind.

Das Motiv des geschundenen Satyrs Marsyas ist gleich dreimal in der Ausstellung vertreten; auch die auf dem elektrischen Stuhl hingerichtete Serienmörderin Martha Beck wird zweimal dargestellt.

Ganz bewusst werden in der Orangerie vornehmlich jene Werke gezeigt, die vor Hrdlickas Durchbruch als österreichischer Vertreter bei der Biennale 1964 entstanden sind. Mit der Eröffnung der Ausstellung publiziert das Belvedere auch eine ausführliche Biografie des „Titans der Bildhauerei“. „Die Biografie funktioniert nicht ohne die Kunst und die Kunst nicht ohne die Biografie“, so Weidinger. Im Ausstellungsraum selbst wird man jedoch Namenstafeln und Erläuterungen vergeblich suchen.

Nicht zu übersehen ist jedoch Hrdlickas Anlehnung an Renaissancekünstler wie Michelangelo, Rubens und Delacroix. In erster Linie war Hrdlicka stets Maler, Aufsehen erregten aber vor allem seine Skulpturen, darunter das an der Ringstraße platzierte „Renner-Denkmal“ (1967) und das „Denkmal gegen Krieg und Faschismus“ (1988/90) am Albertinaplatz.

Info: „Hrdlicka. Schonungslos!“ von 23. Juni bis 19. September in der Orangerie im Unteren Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,417617
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