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25.07.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Christine König: Schaulust - Galerie Steinek: Schuhlust - Nächst St. Stephan: Sommerlust

kunstraum

In historischen Aufzeichnungen kommen Frauen meist nur vor, wenn sie etwas verbrochen haben: Auf dieser These beruht "CODEX", eine beklemmende Bild-Text-Serie (50.000 €) der schwedischen Künstlerin Ann-Sofi Sidén, die in den letzten zwölf Jahren entstanden ist. Die inszenierten Schwarzweißfotos stellen mit Schauspielern dramatisch körperliche Strafen wie Pranger und Prügel bis hin zu Ertränken und Lebendig-Begraben dar, die an weiblichen Verurteilten exekutiert wurden. Texte schildern den Verlauf der Gerichtsverhandlungen, die Sidén recherchiert hat. Die kostümierten Frauen wurden vor schwarzem Hintergrund festgehalten; ein Bild zeigt die Künstlerin selbst mit Steinen um den Hals. In ihrer technischen Perfektion erinnern die Aufnahmen an die historisierenden Fotoporträts von Hiroshi Sugimoto. Im Grunde könnten sie aber auch im Foltermuseum hängen: So anschaulich, wie Sidén ihre Thematik aufbereitet hat, tut es Voyeurismus keinen Abbruch. (Bis 30. 7., Schleifmühlg. 1a, Wien 4)

Galerie Steinek: Schuhlust

"Ich suche nach der Ruhe, die Zeit läuft und die Schuhe" hat Natalja Ribovic auf eine Wand geschrieben und dazu lustige Schuhkreationen aus Karton gehängt. Die Ausstellung "Choose a shoe" zeigt auch ein Video (400 €) der aus Novi Sad stammenden Künstlerin, in dem zwei Füße ihre Bekleidung im Lauf wechseln. Die anderen Arbeiten der Schau benützen den Schuh weniger unschuldig. Matthias Herrmann fotografiert seinen Penis als Bewohner von High Heels (600 €) und ergießt die Erregung darüber in einen goldenen Pump. Gudrun Kampl baut Schuhwerk in märchenhaft anmutende Skulpturen ein. En miniature gehören Schuhe auch zum Repertoire der hübschen roten Box "Muskelhaus" (2800 €), die kleine Organe und medizinisches Besteck enthält. Ähnlich eine Skulptur von Anton Kolig: "Die Seemannsbraut" heißt eine rote Stiefelette, deren Innenleben sich als ekelhaft fleischlich entpuppt. Deborah Sengl geht am stärksten auf den Schuh als Fetisch ein. Ihr "Unschuh" (5000 €) präsentiert sich als hüfthoher Stiefel mit irreal hohem Stöckel, der für männliche Benützer geschustert wurde. (Bis 30. 7., Himmelpfortgasse 22, Wien 1)

Nächst St. Stephan: Sommerlust

Karin Sander hängt eine Leinwand auf. Das ist alles, denn sie überantwortet es Umgebung und Zeit, Spuren auf der weißen Fläche zu hinterlassen. Mehrere dieser "Gebrauchs-Bilder" (6170-12.340 €) sind jetzt in der Sommerschau der Galerie nächst St. Stephan zu sehen. Ein Titel wie "Schneeschmelze" verleiht auch spärlichen braunen Flecken eine erzählerische Dimension. Ganz anders die Malerei von Katherina Grosse, die riesige Leinwände mit knalligen Sprayfarben überzieht (55.000 €) und auch auf kleinerem Format starke Dynamik erzeugt. Eine Art Stillleben eines Umzugs kommt von Jessica Stockholder. Die skurrile Installation spannt eine Waschmaschine, Wagerl, Lampen, eine Kiste und einen Torso zusammen; an der Wand zwei rote Quadrate. Welches Stück in dieser Kulisse wohl gespielt werden soll? (Bis 30. 7., Grünangerg. 1/2) Nicole Scheyerer

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