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Tiroler Bilder aus Artothek verschwunden

2200 Bilder sind aus der Artothek verschwunden. Gefahndet wird auch nach Bildern von Paul Flora, Max Weiler und Markus Prachensky.

INNSBRUCK/WIEN. Seit 1945 hat die Republik über 26.000 Werke bildender Künstler gekauft, die heute öffentliche Gebäude und Büros von Beamten und Politikern schmücken. Nach dem Ankauf, mit dem man noch unbekannte Künstler fördern wollte, wurden die Bilder in der Wiener Artothek im Palais Liechtenstein zwischengelagert, bevor sie entlehnt werden konnten.
Nach der Kritik des Rechnungshofes, der arge Missstände in der Artothek offenlegte, beauftragte Kunststaatssekretär Franz Morak den Steuerberater Christian Pultar, zu prüfen, wo die inzwischen teils äußerst wertvollen Bilder der Republik umgehen.
Keine Entlehnscheine
Das Ergebnis der Recherche war erschütternd: "Zu 2200 Bildern gibt es überhaupt keine Angaben und sie gelten daher als verschwunden", sagt Pultar.
Betroffen sind vor allem Ankäufe bis in die 70-er Jahre. "Die entlehnenden Beamten galten wohl als so verrauenswürdig, dass nicht einmal ein Schein ausgefüllt werden musste", so Pultar, der mit seinem Team der "Gesellschaft zur Digitalisierung des Kulturgutes" alle Vermerke und Entlehnscheine sichtet und die Amtsgebäude "untersucht". Als verschollen mussten die Kunstdetektive auch Bilder von Tiroler Malern melden. Irgendwo verloren gegangen im Palais Palffy sind zwei Grafiken von Paul Flora ("Hochradduell", "Unglücklicher Flugpionier"), deren Wert laut Flora heute bei je 3000 Euro liegen würde. Als unwiederbringlich gilt auch das Weiler-Bild "Rote Pflanzen", das laut Pultar ein Staatsgeschenk für einen New Yorker Arzt war. Der heute geschätzte Wert: rund 65.000 Euro.
Brief an Schmidt
Im Parlamentsbüro der ehemaligen Liberalen-Chefin Heide Schmidt vermisste Pultar drei Bilder von Markus Prachensky mit dem Namen "Komposition I", "Komposition II" und "Komposition III". Diese Bilder hat Schmidt nach eigenen Angaben "mit Genehmigung" in das "Institut für eine offene Gesellschaft" mitgenommen. Ein Ortswechsel, den Pultar nicht billigt. "Sie hätte wissen müssen, dass die Artothek-Entlehnung nur an Bundesdienststellen möglich ist." Schmidt wurde nun per Brief mitgeteilt, die Bilder zurückzugeben, was sie auch tun will. Immer wieder aufgefallen ist den Kunstdetektiven auch eine eigenartige Praxis. Anfang der 60-er Jahre wurden immer wieder Werke an diverse Philatelistenverbände verliehen.
Damit in Zukunft die Schätze der Republik nicht mehr abhanden kommen, wird jetzt der komplette Artothek-Bestand fotografiert und soll in Zukunft auch per Internet abrufbar sein.
2002-06-12 16:26:04