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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
29.06.2004
19:07 MEZ
Von
Christa Benzer

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Hochschule für angewandte Kunst

Zum Thema

203 Diplomarbeiten

"Jung, kritisch und medienbewusst"

"Der Betrachter im Schussfeld"
Fokus auf das Diplomprojekt von Ernst Logar

 
Foto: Universität für angewandte Kunst
Mit ihrer Installation "Duty Free" stellen Katharina-Miu Rettelbach und Alix Gilka-Bötzow den Dienstleistungs- charakter von Kunst zur Diskussion.

Angewandte Bildfindungen
Die Hochschule für angewandte Kunst präsentiert derzeit ihre Diplome und ein reformkritisches Ausstellungsprojekt

Wien - Trotz oder gerade wegen der einschneidenden Budgetkürzungen, mit denen sich die Kunstuniversitäten heuer konfrontiert sahen, läuft deren Ausstellungstätigkeit derzeit auf Hochtouren. Einmal mit der Ausstellung "Kunst rele: wandt" im Foyer der Kunsthalle Wien, die - von der Hochschülerschaft der Universität für angewandte Kunst initiiert - den vorläufigen Schlusspunkt einer ganzen Reihe von öffentlichen Aktionen zum Budget 2004 bildet.

Und dann mit der traditionellen Diplomausstellung, die mit künstlerischen Abschlussarbeiten aus den Studienrichtungen Grafikdesign, Mediengestaltung, Restaurierung und Konservierung, Grafik und Werbung etc. zur Auseinandersetzung mit junger, zeitgenössischer Kunst lädt.

Während sich die Ausstellung im Foyer der Kunsthalle auf die zunehmende Gefährdung der künstlerischen Ausbildung konzentriert und mit zahlreichen öffentlichen Aktionen und Interventionen (u.a. im Schikaneder, im Schauspielhaus oder im Falter) deren gesellschaftliche Relevanz ebenso eindrücklich wie emotional unter Beweis stellt, präsentiert sich die Diplomausstellung an der Hochschule für angewandte Kunst dann aber doch im relativ gewohnten Rahmen.

Glücklicherweise, haben sich die Budgetkürzungen doch fatal auf den laufenden Lehrbetrieb ausgewirkt. Die Relevanz externer Lektoren, die von den Einsparungen ebenfalls massiv betroffen sind, wird in der Arbeit "Journal 9704" von Edith Bergmann ersichtlich. Ausschlaggebend für ihre poetischen Aufzeichnungen war eine Lehrveranstaltung von Franz Schuh, in der sprachphilosophische Fragestellungen im Mittelpunkt standen.

Rainer Schneider - ebenfalls Absolvent der Meisterklasse Leitner - thematisiert in seiner dreiteiligen Videoinstallation "Spinning W. II" die Substantialität des Blicks, und mit dem "Hinblicken" beschäftigt sich auch Ernst Logar in seiner Rauminstallation, die im Keller der Hochschule zu sehen ist.

Ausgangspunkt der Arbeit war die Hinrichtung seines Großvaters durch die Nationalsozialisten. Während die Hintergründe der Ermordung - vom Künstler gut recherchiert - in einer begleitenden Broschüre nachgelesen werden können, involviert die Installation im Kellergang, der zu einer Hinrichtungsstätte umfunktioniert wurde, die Betrachter auch physisch.

Einen stärkeren Gegenwartsbezug bestimmten dagegen die Arbeiten, die in der Meisterklasse von Peter Weibel präsentiert werden. Erwartungsgemäß stehen dort die neuen Medien im Mittelpunkt, die spielerisch, aber auch kritisch und analytisch eingesetzt werden. "Bit Crusher" heißt die Computeranimation von Harald Holba, in der die Alltagssituation einer fiktiven Person vom morgendlichen Aufstehen über den Weg zum Arbeitsplatz bis zum Verlassen des Bürogebäudes geschildert wird. Jede Einstellung folgt dabei einem strengen Konzept, indem erst die Bewegungen einer im Bild nicht dargestellten Person Oberflächenstrukturen und Objekte sichtbar macht. Die Entstehung und Rezeption von Bildwahrheiten, die Helga Aichmaier in ihrer Arbeit sehr explizit thematisiert, wird beim Rundgang insgesamt sehr schön ersichtlich. (DER STANDARD, Printausgabe vom 29.6.2004)


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