Salzburger Nachrichten am 21. Oktober 2006 - Bereich: Kultur
Bildthema Licht und Sonne Grenzbereiche des Sehens
werden mit Jakob Mattners Ausstellung "Der Blick in die Sonne" ab heute,
Samstag, im Museum der Moderne Salzburg vermittelt. GUDRUN WEINZIERL
Gudrun Weinzierl Salzburg (SN). Was real keinem Menschen je möglich
sein wird, hat der deutsche Maler Jakob Mattner metaphorisch gewagt: Er
richtet den Blick in die Sonne. Er hat Gouachen und Malerei hinter Glas
produziert, die wissenschaftlichen Fotografien erstaunlich ähneln.
Beispiele werden ab heute, Samstag, im Museum der Moderne auf dem
Mönchsberg in Salzburg gezeigt. Zu seinen "Sonnenformen" kommt Jakob Mattner mitunter auf unorthodoxe
Weise. Die Form von verronnenem Kaffeesatz legt beispielsweise die
Assoziation von Protuberanzen der Sonne nahe. Seinen Sonnenbildern hat er
sich über Nachtbilder und über das Zwielicht der Sonne genähert. "Das
Zwielicht hat mich am längsten beschäftigt", sagt Mattner. "Denn weil wir
in einer Welt voll künstlichen Lichts leben, verlieren wir die Erfahrungen
des Dunklen. Wir sind lichtüberflutet und erkennen nicht, was im Dunklen
verborgen ist." Begleitend zu einer Bildserie von Heliografien
(Lichtdrucken) mit dem Titel "Zwielicht" stellt Mattner einen apokryphen
Text des Apostels Johannes: "Als aber das Licht sich mit der Finsternis
mischte, ließ es die Finsternis leuchten." Sein Blick in die Sonne ist
eine Projektion innerer Bilder, die denen wissenschaftlicher Erforschung
der Sonne nahe kommen. Zwei Jahre lang hat Mattner die Astrophysiker des Einsteinturms in
Potsdam besucht. In ihrem und dem Archiv der Berlin Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften hat er Jahrhunderte alte Beobachtungen über
Sonnenfinsternisse und Sonnenflecken aufgetan, alte Fotoplatten und neue
Forschungsbilder gesammelt und diese mit seinen Bildern der Innenschau zu
Licht und Sonne zu einer Präsentation vereint. Mattners Bilder sind
unabhängig von den wissenschaftlichen Erkenntnissen entstanden. Daher
verblüfft die Ähnlichkeit zwischen seinen fantastischen Bildern und den
Formen und Farben von Fotos der Wissenschafter. Seine Malerei gibt sich
wie Fotografie: "Mein Auge ist die Kamera, verbunden mit einer
Festplatte." Bildern der Kunst und jenen der Wissenschaft ist gemein, dass in beiden
die Lichtquelle indirekt wahrgenommen wird. Diese These wird in Mattners
Installationen deutlich: Auf Stativen werden runde und ovale Spiegel
positioniert. Diese werfen Licht als subtile Formen auf die Wand und
suggerieren so immaterielle Gebilde. Zugleich mit Mattners "Blick in die Sonne" ist bis 4. März die
Ausstellung "SURreal - Aspekte des Figuralen" aus der Sammlung des Museums
der Moderne zu sehen. Die menschliche Figur steht in dieser Schau an der
Grenze zwischen realem Abbild und dem Feld des Surrealen und der
Träume. |