Keine Frage, den abgehobenen Brüdern ging's um ungelöste Spannungen bei hoher Luftfeuchtigkeit und geigenverhangenem Himmel - bei gleichzeitigem Testosteronüberschuss. Ihnen war an jener Sehnsucht gelegen, die sich nur einstellt, wenn Angst vorm Gerät ausbricht, an den Schmerzen beim Ausredenfinden, die nur ertragen kann, wer es versteht, Selbstmitleid manieristisch zu stilisieren, in allem ein symbolhaftes Attribut zu erkennen.
Gregory Crewdson hat seine Ophelia inmitten eines Traumes von amerikanischer Kleinstadtidylle mustergültig in einem Twilight aufgebahrt, wie es sonst nur im Twin Peaks des herzenswilden David Lynch die Realität überhöht.
Und auch Gregory Crewdson, 1962 geborener Star unter den zeitgenössischen amerikanischen Fotografen, ist Regisseur. Bloß dass am Schluss eines Drehs bei ihm kein Film, sondern ein Foto bzw. eine Serie solcher herauskommt. Im Nachspann zu einer Serie wie Twilight oder Dreamhouse oder Beneath the Roses finden sich schon einmal 150 Leute aufgelistet, die daran mitgewirkt haben, den ganzen Film in ein Standbild zu packen - neuerdings sind da auch Spezialisten für Digital Composing und die Retusche am Computer nicht ausgeschlossen.
Aber hyperrealistische Schärfe hat eben nicht nur ihren Preis: Sie scheint auch notwendig, die ländlichen Idyllen Amerikas, das immer und überall latent vorhandene Böse, die Traumdeutung von Freud aufwärts, und den nachgerade klassischen Blick William Egglestons mit einen Überhang zum Theatralischen zu verknüpfen.
Die Landesgalerie Linz ist Kooperationspartner der fantastischen Retrospektive, die zuvor in Hannover, Krefeld und Winterthur zu sehen war. (Markus Mittringer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 9. 2006)