Die Partys waren eine Katastrophe – die Rinderhallen St. Marx eiskalt. Und im Nestroy-Hof durfte man weder rauchen noch tanzen. So die eine Sicht der Dinge. Es gibt (zumindest in Wien) immer noch eine zweite: Die Installation mit den roten Vorhängen von Heimo Zobernig bei der Eröffnungsparty war eine Wucht. Und im Nestroy-Hof hat man sich endlich einmal ungestört unterhalten können. Also wie jetzt?
Die Wiener Kunstszene ist ein wenig schizophren. Am besten ist das seit sechs Jahren bei der „Viennafair“ zu beobachten, Wiens erster professioneller und internationaler Messe für zeitgenössische Kunst am Wiener Messegelände. Den Hallenplan kann man, ist man gemein, einfach in der Mitte umknicken. Dann findet man vorne, beim Eingang, die international agierende Wiener Galerienszene (und die intern am besten Vernetzten). Im hinteren Teil, nahe der monströsen Land-Niederösterreich-Tribüne, tummeln sich eher die lokalen Großen und Kleinen.
Alles hat Berechtigung. Skandal? Nein. Alles hat Berechtigung,
wofür es einen Markt gibt. Und den scheint es für schwierige bis
witzige Objektkunst junger Künstler mehr denn je zu geben (geht man
nach dem Angebot in den Kojen). Aber auch für Werke älterer
österreichischer Meister. Alles findet man auf der „Viennafair“, deren
international ausstrahlendes Plus dennoch der Schwerpunkt auf die von
der Erste Bank gesponserten Galerien aus Ost- und Südosteuropa ist. Ihr
Angebot für das Publikum ist spannend, auch finanziell. Trotzdem
herrschen, wie schon in den Jahren zuvor, eher lange Gesichter – das
große Geschäft macht in Wien niemand (die Schlagzeilen der Euro-Krise
taten heuer wohl ihr Übriges). Die wenigsten dieser Galerien kehren
deshalb wieder, haben sie einmal den Sprung ins internationale
Messegeschehen, nach Basel, London, geschafft. Ein erstes Sprungbrett
ist Wien allemal. Das bisschen Treue müsste wohl mit anderen Taktiken
eingefordert werden, hier gäbe es für die Messeleitung sicher noch
Potenzial.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Der junge rumänische Galerist
Marian Ivan etwa strahlt: Er ist den mutigen Weg gegangen, hat seine
jungen Maler aus Cluj zu Hause gelassen – und eine Grande Dame der
rumänischen Konzeptkunst, Geta Bratescu, Mitte 70, mitgenommen,
zumindest ihre zarten Seidenpapiercollagen, „Gewänder für ephemere
Feste“. Er habe tollen Response, erzählt er. Mehr braucht er
anscheinend nicht, um glücklich zu sein.
Doppelbelastung. Dana
Charkasi, junge Wiener Galeristin, wirkt eher verzweifelt. Der Aufwand
ist für kleine Betriebe enorm. Bei ihr kommt die Doppelbelastung dazu –
sie ist eine von 20 Galeristen, die bei dem von der Wiener
Kreativförderagentur „departure“ geförderten Kuratorenprogramm
mitmachen. Parallel zur Messe zeigen diese Galerien von Künstlern
kuratierte Ausstellungen. Darunter einige Kapazunder – Charkasi etwa
konnte Pawel Althamer gewinnen, der mit seinen Studierenden der Wiener
Akademie antrat. Und selbst eine neue Videoinstallation beisteuerte –
er ließ sich in der Virgilkapelle zum Goldenen Sozialarbeiter-Ritter
schlagen.
Das „departure“-Programm ist ein weiteres ambivalentes Vergnügen: Einerseits tolles Zusatzprogramm für die internationalen Gäste, die sich so über Ausstellungen von Stars wie Tony Oursler, Albert Oehlen, den „blue noses“ freuen können. Andererseits wird viel Galeristenkraft von der Messe abgezogen. Einige von ihnen, vor allem die der Eschenbachgasse, haben sich heuer überhaupt nur für das „departure“-Programm entschieden. So kommen die Sammler zu ihnen, auch wenn sie nicht auf der Messe vertreten sind.
Welche Sammler?, fragten einige. Dann kamen sie wohl nicht an ihren Stand. Sowohl aus den Bundesländern als auch aus England, Deutschland, den USA waren sie angereist. Innerhalb Österreichs ist die „Viennafair“ immer noch die beste Gelegenheit, neue Sammler für zeitgenössische Kunst kennenzulernen. Und zu begeistern. So niederschwellig wie in dieser Messehalle im Prater ist der Zugang sonst nie.
Nur noch So., 11–18 Uhr, freier Eintritt für Mütter und Kids bis 14 Uhr.