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Galerien in Wien: Abseits von Trends und Sachzwängen

04.02.2009 | 18:28 | MANISHA JOTHADY (Die Presse)

„Genuine Happiness – New Generation“, Ausstellung in der Galerie Amer Abbas

Selten ist der Besuch einer Gruppenausstellung mit einer so großen Freiheit des Betrachters verbunden gewesen, wie das zurzeit in der Galerie Amer Abbas der Fall ist: kein thematischer Überbau, der künstlerischen Individualismus in ein Korsett zwängt und damit den Blick auf das Eigentliche einer Arbeit verstellt. Kein Abfeiern von Trends in der Gegenwartskunst und auch keine willkürliche und langweilige Zusammenstellung aus den Lagerbeständen der Galerie. „Genuine Happiness – New Generation“ versammelt Werke von elf in Wien lebenden Kunstschaffenden. Über das formale Erscheinungsbild der Exponate soll man sich diesen nähern und sich so mögliche Wege in das künstlerische Denken bahnen.

Die Vielfalt zeitgenössischer Kunstproduktion zeigt sich hier nicht nur in der Präsentation unterschiedlicher Medien, sondern auch im generationenübergreifenden Ansatz der Schau. Oswald Stimm (*1923) schafft Skulpturen aus Wegwerfmaterialien wie Obstkisten und Zaunlatten. Seine Objekte weisen eine Tendenz zum Architektonischen, ineinander Verschachtelten auf. Konstruktivismus scheint gedanklich Pate für manche seiner Arbeiten zu stehen.

Die Skulpturen von Eva Chytilek (*1981), der jüngsten Teilnehmerin, spielen mit der Dysfunktionalität und Transformation von Alltagsobjekten: so etwa ein edel anmutender, weiß lackierter Sockel, der aus Türblättern gezimmert ist. Klaus Dieter Zimmer, vor allem als Maler bekannt, zeigt Zeichnungen von einem Mountainbike-Übungsparcours im Wald. Extreme Perspektiven, Spannung, Dynamik sind Merkmale dieser Serie.

In Ernst Logars Schwarz-Weiß-Fotografien von Hongkong scheint dagegen die Zeit stillzustehen – ein Effekt, der durch das Arbeiten mit Lochkamera zustande kommt. Von musikalisch-rhythmischen Impulsen und der Logokultur ist Gerhard Himmers Malerei geprägt. Wiederholung und minimale Variation sind die festen Parameter in seinem Werk, so auch in seiner aktuellen Leinwandarbeit, in der sternförmige Elemente optische Kippeffekte erzeugen.

 

Neurotischer Gesundheitskult

Die Bandbreite abstrakter Malerei zeigt sich in den Arbeiten von Franco Kappl, Suse Krawagna und Christine Kofler. Ronald Zechners Glasregal mit säuberlich aufgereihten Medikamentenschachteln und Plastikfigürchen ist ein gelungener Kommentar zum neurotischen Gesundheitskult der modernen Freizeitgesellschaft. Und wie künstlich die Natur anmuten kann, wenn man nur ausreichend schrillbuntes Klebeband zur Hand hat, zeigen schließlich Christian Ganzer und Kurt Rudolf in einem großformatigen Tableau, das ästhetisch an den Charme von Orientierungstafeln in Tourismusgebieten erinnert (bis 21.Februar, Schadekgasse 6–8, WienVI).


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