Florian Steininger: HERBERT HOFER. RAUM. 2002 So groß Herbert Hofers mediale Bandbreite auch sein mag, der Raum liegt seinen künstlerischen Konzepten als elementare und verbindende Konstante zu Grunde, ob in der Malerei, der Textarbeit, der Installation oder im plastischen Werk. Bis zum Zeitalter der Moderne beruhte die klassische Malerei seit Giotto auf der Darstellung einer fiktiven Raumsituation im Bild. In der radikalen und facettenreichen Auslotung, Abstraktion, Analyse und Destruktion des Bildes im 20. Jahrhundert erfuhr die Malerei in vielen wichtigen Beiträgen jedoch eine eigene selbstbezogene Identität, wurde ein Gebilde, das in der Realwelt ihren Platz gefunden hat - besonders in der Minimal Art. Das Bild war nicht länger durch den Rahmen und seiner Fiktion als in sich geschlossener "Parallelkosmos" von der Realität separiert, sondern deklarierte sich als kontextbezogenes Element zum faktischen Raum. Die hierarchische separierende und abgehobene Position des Bilderrahmens oder des Sockels in der Plastik gegenüber dem Betrachterraum hatte hier ihre Bedeutung verloren. Herbert Hofers Werk setzt mit diesem modernistischen Selbstverständnis ein, das auf dem Verhältnis von Werk zu Raum basiert. Hofers "Gemälde" sind mit großer Distanz zu konventionellen Tafelbildern zu bewerten. Ihm geht es nicht primär darum, die Leinwand, also die Bildvorder- und Schauseite zu bemalen, sondern er baut einen Bildkörper. Die Leinwand fungiert gleichermaßen als Haut, als Hülle für das Bildobjekt, das gleich einem Relief auf der Wand befestigt wird. Kanten und Bildränder werden hervorgehoben, Laschen, aus dem eigenen Bildmaterial werden in das Bild eingefaltet. Neben der räumlichen Ausladung des Bildobjekts steht die textile und taktile Oberflächenbeschaffenheit im Vordergrund. Schon Mitte der 90er Jahre hat Hofer monumentale Bilder geschaffen, deren Oberflächen mit Leinwand collagiert und mit schwarzer Acryl- und Ölfarbe bemalt wurden. Nun ist Hofer zu gegenteiligen Farbwerten gekehrt: Die Nichtfarbe Weiß dominiert die koloristische Beschaffenheit seiner aktuellen Arbeiten. Der Künstler setzt lose Leinwandstücke in die monochromen Arbeiten ein. Anstelle des Farbauftrags mit dem Pinsel spielt das applizierte Material und seine Faktur eine wesentliche Rolle. Gefaltetes, Geknicktes, Zerknittertes und Zerknülltes steht somit dem coolen und cleanen Charakter der Arbeiten aus der Minimal Art entgegen. Der Anschein des Provisorischen, des Flüchtigen und Brüchigen ist von Hofer bewußt intendiert. Er möchte seine anscheinend minimalistischen Arbeiten aus dem auratischen und reinen White Cube stellen um den Bezug zum Alltagsraum zu unterstreichen. Wenn auch dann seine Kunstwerke in einem klaren Galerieraum präsentiert werden, ist ihr Entstehungsort von großer Bedeutung. Flüchtige, scheinbar banale Kontexte sind dabei zu erkennen, wie zum Beispiel eine verwandte Material- und Farbbeschaffenheit von Rollo, Türe und Klebestreifen am Boden zu denen der Bildobjekte. Neben den formal-gestalterisch orientierten Beispielen prägen konzeptuelle Arbeiten das künstlerische Werk von Herbert Hofer. Dabei spielt wiederum der Raum eine wichtige Rolle, wenn der Künstler einen Atelierraum im Atelierraum ausstellt: Auf einer gebogenen Aluminiumplatte, die einer gewellten freistehenden Skulptur gleicht, klebt Hofer photographische Aufnahmen des Atelierraums, einmal seitenrichtig, auf der gegenüberliegenden Seite spiegelverkehrt. Illusion und Realität verbinden sich in einem komplexen System miteinander. Hofers Textarbeiten lösen sich von ihrer materialfernen Qualität der Schrift und mutiern zu textilen taktilen Geweben. Seine textnetze sind oft zerknittert und ihre Worte sind beschnitten, wodurch die dreidimensionale auf Form und Körper bezogene Gestalt an Bedeutung gewinnt. Seine textnetze sind Wortverkettungen, die mit Laser aus dem Aluminiumblech ausgeschnitten wurden. Ihr Inhalt - "verschiedene Zeiten, verschiedene Orte, verschiedene Texte" - verdeutlicht Hofers offenes und vernetztes künstlerisches Werk mit dem Konzept, der Verbreitung von Ideen und seiner Haltungen, der Zeit und dem Ort.