Database > Exhibition / Event > Korrespondenzen BOSCH & BURGERT. Jonas Burgert: Ihr Schön

Korrespondenzen BOSCH & BURGERT. Jonas Burgert: Ihr Schön

08.11.2017 - 02.04.2018

Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste, Wien / Österreich
Österreichisches Theatermuseum, Wien / Österreich (venue)

Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien
zu Gast im Theatermuseum.

Jonas Burgert zählt heute zu den spannendsten Künstlern der zeitgenössischen Figuration. Er malt monumentale, manchmal riesenhafte Bilder - wie jüngst das 22 Meter lange Werk Zeitlaich.
Seine Gemälde baut der Maler altmeisterlich auf, von dunklen Gründen zu leuchtender Farbigkeit gehend, die in ihrer Tonalität immer kühler wird. Die figurenreichen und farbintensiven, theatralischen Werke des Künstlers erzählen von Absurditäten, Widersprüchen und Hoffnungen, von unseren alltäglichen Alpträumen.... Auf den ersten Blick scheint das Chaos auf den Leinwänden zu regieren. Burgert breitet ein Welttheater vor uns aus, doch geht es ihm nicht um Politik oder Gesellschaftskritik, sondern um das menschliche Grundbedürfnis von Sinnerfüllung und Sehnsucht nach Transzendenz. Der Mensch ist sich selbst der größte Feind, es geht Burgert um die innere Verfassung des Menschen, um Emotionen.
Der Künstler sagte 2013 in einem Interview: "Ich male einen Ort außerhalb der Zeit, eine Bühne, auf der wir unsere Existenz verhandeln. Mit meiner Malerei will ich Räume unserer geistigen Repräsentanz schaffen."
In Burgerts Gemälden gibt es keine durchgehende Erzählung, collagehaft setzt er Szenen aneinander, die menschlichen Figuren sind vereinzelt. Genau dies ist auch bei Hieronymus Boschs 500 Jahre früher entstandenem Jüngsten Gericht der Fall. Bei Bosch wie bei Burgert muss der Betrachter, die Betrachterin sich in das "Wimmelbild" einsehen, erst nach und nach erkennt er oder sie einzelne Figuren und Szenen.
Ein charakteristisches Beispiel für Jonas Burgerts Kunst ist Ihr Schön aus dem Jahr 2016, das der Maler selbst für den Dialog mit Boschs Wiener Weltgericht ausgesucht hat.
Typisch in Burgerts Gemälden sind Personen mit turbanartigen Kopfbedeckungen, die an Bandagen erinnern, die Figuren sind umwickelt von Bändern, in diesen verschlungen, gefesselt. Die Bänder verbinden die Figuren auch. Bei Bosch werden die Menschen von Dämonen und Teufeln gemartert, zersägt, gequält und für ihre Sünden bestraft; auch Burgerts Menschen wirken oft ernst, scheinen sich selbst zu quälen und an innerer Qual zu leiden. Bei einigen Figuren ist nicht eindeutig klar, ob es sich um einen Menschen oder vielleicht auch um einen Affen handelt. Die Frau mit dem gelben "Turban" in der Mitte des Bildes hat eine Hand, die aus Zweigen und Ästen besteht - Mischwesen bei Bosch wie bei Burgert.
Ein weiteres verbindendes Element zwischen den beiden Malern ist die Farbe: Bei Bosch sind es die leuchtenden Rot-, Blau- und Grüntöne in Öltempera auf Eichenholz, die auch nach 500 Jahren nichts von ihrer Leuchtkraft verloren haben. Boschs Figuren sind ebenfalls auf dunkle, meist braune Untergründe gesetzt. Die Farben Burgerts entsprechen dem 21. Jahrhundert, oft grell und neonfarben. Der Maler selbst äußerte: "Über die Farbe versuche ich, den Zynismus unserer Gegenwart zu dokumentieren, den scheinwerfergrellen Unterhaltungswahnsinn der Medien, dem wir alle ausgeliefert sind."
Und die Frau in der Mitte, die in ein schwarzweiß-gestreiftes Tuch gehüllt ist und uns unverwandt anblickt? Ist sie eine moderne Verkörperung der Superbia, also des Hochmuts, der Eitelkeit oder des Stolzes, die bei Bosch nackt und mit gesenktem Blick von einem Drachen zum Tanz geführt wird oder ist sie ihr Gegenbild?
Die Betrachter_innen sind aufgefordert, sich selbst ein "Bild" zu machen - bei Bosch wie bei Burgert.
Text: Julia M. Nauhaus

[Quelle: http://www.akademiegalerie.at/ (29.05.2019)]

READ MORE


show all
close all
+
Participants
[1]

No result

     

last modified at 29.05.2019


Art and Research Database - basis wien