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Roy Lichtenstein. The loaded rush

27.07.2019 - 28.09.2019

Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg [Villa Kast], Salzburg / Österreich

Brushstrokes in a painting convey a sense of grand gesture; but in my hands, the brushstroke becomes a depiction of grand gesture. Roy Lichtenstein

Roy Lichtenstein, ein führender Wegbereiter der Pop-Art-Bewegung, entwickelte in seinem Werk eine neue Bildsprache, die auf der reduzierten Form des Pinselstrichs basiert und in den 1980er Jahren einen Höhepunkt erreichte. In der Auseinandersetzung mit diesem neuen Sujet – der Form des Pinselstrichs – verfeinerte und interpretierte Lichtenstein die Techniken und die Palette seines charakteristischen Pop-Stils kontinuierlich....

Die Ausstellung The Loaded Brush in der Galerie Thaddaeus Ropac zeigt selten gesehene Arbeiten aus dieser bahnbrechenden Periode, die einige der bedeutendsten figurativen und abstrakten Gemälde, Skulpturen, Collagen und Zeichnungen umfasst. Die Brushstroke Skulpturen und Gemälde bilden ein bedeutendes Ensemble im Werk des Künstlers und veranschaulichen einige der Leitinteressen, denen Roy Lichtenstein in seiner steten künstlerischen Entwicklung nachgegangen ist.

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist das Gemälde Artemis and Acteon (1987), das erstmals in Europa gezeigt wird. Es zählt zu Roy Lichtensteins expressivsten Arbeiten und wurde von Tizians zwischen 1556 und 1559 entstandener Darstellung des griechischen Mythos inspiriert.

Roy Lichtensteins Interpretation dieses traditionsreichen Sujets zeichnet sich durch reiche Farbkontraste und rhythmische Pinselführung aus – eine Kombination, die sonst nur bei Roy Lichtensteins charakteristischen Werken aus der Serie der Cartoon Brushstroke Figures aus den 1980er Jahren zu finden ist. Als exemplarische Vereinigung des Klassischen, mit dem Modernen und dem Zeitgenössischen ist Artemis and Acteon ein herausragendes Beispiel für Lichtensteins fortdauernde Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte und zeigt seine beachtliche Fähigkeit, historische Stile zu vereinen. Lichtenstein bahnte mit diesem neuen Stil den Weg zu einem konzeptuellen Kommentar über die Malerei selbst.

It [the Brushstroke] was the way of portraying this romantic and bravura symbol in its opposite style, classicism. The Brushstroke plays a big part in the history of art. Brushstroke almost means painting or art. – Roy Lichtenstein, 1991

Roy Lichtenstein erweiterte diese technischen Erkundungen über das narrative Sujet hinaus und schuf eine Reihe bedeutender Landschaftsgemälde, darunter River Scene aus dem Jahr 1987. Das Gemälde tendiert zur Abstraktion, behält dabei aber seine erzählerische Kraft. Roy Lichtensteins überraschende Darstellungen, sowohl der mythologischen Geschichte in Artemis und Acteon als auch der traditionellen Landschaft in River Scene fordert den Betrachter auf, sich neu mit diesen klassischen Themen auseinanderzusetzen. In ähnlicher Weise gestalten auch seine gefeierten Benday Dot-Werke aus der Werbegrafik übernommene Bilder um. Indem Lichtenstein Elemente der Gesamtkomposition isoliert, unterstreicht er die Art ihres Zusammenwirkens auf der bemalten Fläche. Er thematisiert das Verhältnis von Wahrnehmung und Bild, und verweist damit auf die fundamentale Funktion des Pinselstrichs in der Malerei.

Roy Lichtensteins Bravura manifestiert sich auch in einer Reihe von Zeichnungen – traditionell der Ausweis großen technischen Könnens – und Collagen. Diese Werke ergänzen die Gemälde des Künstlers, entweder als direkte Vorstudien oder als eigenständige Erkundungen des gemalten Pinselstrichs: Sie offenbaren Lichtensteins einzigartigen Sinn für Komposition, der ihn von seinen Zeitgenossen abhob.

Mithilfe seiner Bravura versetzt Roy Lichtenstein das vereinfachte Sujet in einen Rhythmus und verleiht ihm Energie, die es ihm ermöglichten, seine flachen Pinselstriche über die Leinwand hinweg perspektivisch und monumental zu gestalten. In den 1980er Jahren schuf er mehrere freistehende, dreidimensionale Brushstrokes, wie etwa die über drei Meter hohe Skulptur, Endless Drip.

Die monumentalen Pinselstrich-Gemälde Mitte der 1960er Jahre machten Lichtensteins Prinzip sichtbar, aus den historischen Stil-Modellen ein Klischee herauszufiltern, das als Ironie, aber auch als Destillat, als Kristallisation einer bestimmten Anwendung des Pinselstrichs interpretiert werden konnte, so Siegfried Gohr, ehemaliger Direktor der Kölner Josef-Haubrich-Kunsthalle, unter dessen Leitung 1982 die gefeierte Ausstellung Lichtenstein 1970-1980 stattfand. Die Ausstellung wurde von Jack Cowart kuratiert und enthielt zahlreiche bedeutende Werke aus der Sammlung Ludwig.

Die Entwicklung Roy Lichtensteins Brushstrokes

Auch wenn Roy Lichtenstein bereits zwei Jahrzehnte zuvor begonnen hatte Pinselstriche darzustellen, erlebte man in den 1980er Jahren, wie er sein Sujet sowohl in der Malerei als auch in der Skulptur verfeinerte, gezielt ausbaute und befreite, um eine Vielzahl von Pinselstrichformen hervorzubringen. Diese Werke grenzten sich deutlich von seiner grundsätzlichen Ästhetik ab, blieben jedoch während seiner gesamten Laufbahn wesentlich für sein Schaffen. Die späten 1970er Jahre in Amerika, die weithin von der Minimal- und Konzeptkunst beherrscht waren, hatten den Weg für eine radikale Neubelebung und Neueinschätzung der Malerei geebnet, und Lichtensteins Pinselstrichformen waren eine maßgebliche Komponente der beispiellosen Veränderungen, die im darauffolgenden Jahrzehnt über die Welt der Kunst hereinbrachen.

Indem Roy Lichtenstein schablonierte Pinselstriche und frei auf die Leinwand aufgetragene Farbe kombinierte, schuf er eine Reihe von Gemälden, die sich direkt an Künstlern wie Pablo Picasso, Paul Cézanne und Willem de Kooning anlehnten. Durch die Auseinandersetzung mit den Methoden seiner Vorgänger ergründete er unerforschte Malmöglichkeiten und verfremdete in seinen Arbeiten gleichzeitig die Bedeutung des Originals. Vertraten die Modernisten die Auffassung, Thema eines Gemäldes sei das Malen selbst, so erweiterte Lichtenstein diesen Gedanken dahingehend, dass er den Träger der Ausdrucksform des Gemäldes zum eigentlichen Sujet machte.

Durch die Verwendung eines breiten Repertoires an verschiedener Methoden übertrug Lichtenstein die gestische Pinselführung des Expressionismus in ein Pop-Art-Idiom: er reduzierte die Form des Pinselstriches durch monochrome Farbflächen, die mit tiefschwarzen, kräftigen Konturen eingefasst wurden. Lichtenstein leugnete in seinen Gemälden jegliche Spur der Hand des Künstlers und lehnte die subjektive Emotionalität seiner expressionistischen Vorgänger und neoexpressionistischen Zeitgenossen ab. Stattdessen machte er sich mit Begeisterung das Konzept der Bravura zu eigen: Seine Pinselstriche verkörperten sowohl die Freude als auch die technische Finesse, mit der er sich auf den Prozess des Malens einließ – frei von persönlicher Schilderung, aber von Lust und Gewandtheit gefärbt und mit akribischer Rücksicht auf Detail und raffiniertem Können ausgeführt.

Roy Lichtensteins Brushstroke in skulpturaler Form

I did isolate Brushstrokes in 1965 and used cartoon brushstrokes to depict subject matters in the 80s. I also did Brushstroke sculptures in bronze and wood to make them more palpable…the Brushstroke, it is just an idea to start with, and painting it makes it more concrete, but when you do it in bronze sculpture, it becomes real and has weight and is absurd, contradictory and funny. - Roy Lichtenstein, 1991

Roy Lichtensteins Skulpturen der 1980er Jahre griffen den gestischen Pinselstrich aus dem Expressionismus auf und parodierten ihn, indem sie den fließenden Charakter von Farbe in ein festes metallisches Medium umwandelten. Die Brushstroke-Skulpturen übernehmen schwungvolle Komponenten, die für Lichtensteins vom Expressionismus inspirierten Gemälde bezeichnend waren. Damit erheben die Skulpturen sich zu dreidimensionalen dynamischen und doch flachen Pinselstrichformen, die eine neuartige Komposition, Räumlichkeit und Erlebbarkeit offenbaren.

Es kommt dabei etwas zum Vorschein, das auch in manchen Gemälden dieser Phase zu beobachten ist, nämlich ein Rhythmus von musikalischer Anmutung. Eine Aufwärtsbewegung wird unterbrochen, als ob eine Melodie von einem Akkord angehalten wurde, um danach weiter nach oben zu fließen zu einem vorläufigen Abschluss, der weitere Energie ahnen lässt. – Siegfried Gohr, 2019

Zur Ausstellung The Loaded Brush in Salzburg wird ein umfassend bebilderter Katalog mit einem Essay von Siegfried Gohr erscheinen.

Wir danken Dorothy Lichtenstein und der Familie Lichtenstein, Jack Cowart und der Roy Lichtenstein Foundation sowie Barbara Bertozzi Castelli und der Castelli Gallery für ihre Unterstützung.


[Quelle: www.ropac.net]

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