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Clemens Fürtler. Babel

09.02.2018 - 30.03.2018

Sammlung Friedrichshof STADTRAUM, Wien / Österreich

Die Ausstellung Babel zeigt Clemens Fürtlers neueste Arbeit Turm zu Babel (Bildmaschine 08). Das ästhetisch von Athanasius Kircher, Lucas van Valckenborch und nicht zuletzt von Pieter Bruegel inspirierte Objekt aus Modellbau-Elementen reflektiert den alttestamentarischen Mythos, und die lange Darstellungstradition des wohl bekanntesten biblischen Bauwerks.

Der Turm zu Babel ist das Sinnbild menschlicher Hybris. Die Babylonier bauen ihn als triumphierendes Zeichen ihrer Herrschaft über einen großen Teil Mesopotamiens.... In der Bibel lässt Gott diese Konzentration von Macht und die damit einhergehende Vereinheitlichung von Kultur und Sprache nicht zu. Er straft den Frevel, mit dem gigantischen Bau Gott gleichkommen zu wollen, durch Sprachverwirrung und die Zerstreuung der Menschheit in alle Länder. Der Turm wird in der Bibelgeschichte aber nicht zerstört, er bleibt unvollendet. Das imposante Bauwerk, dessen historisches Vorbild eine ca. 70 Meter hohe Stufenpyramide mit Tempel zu Ehren des babylonischen Stadtgottes Marduk war, gerät so zum Mahnmal und eindrucksvollen Beweis menschlicher Fähigkeiten zugleich.

Der Turm ist Inspiration für Generationen von KünstlerInnen, vom Meister der Weltenchronik über Pieter Bruegel und Nam June Paik bis zu zeitgenössischen Positionen wie die von Clemens Fürtler. Dieser beschäftigt sich in seinen Arbeiten seit mehr als 15 Jahren mit utopischer Architektur und urbanen Strukturen. Der biblische Wolkenkratzer und der Größenwahn, wofür der Turm sinnbildlich steht, ist für ihn daher ein ergiebiges Thema.

Für seine Version setzt Fürtler Modelleisenbahnschienen und Modellhäuser, Objekte kleinbürgerlicher Architektur und Geschmacklosigkeit im Maßstab 1:89 ein, die er zu einem babylonischen Turm anhäuft. Das Material ist Spielzeug – Märklin-Schienen, monotone Einfamilienhäuser, Amtsgebäude und Plattenbauten –, es steht für „heile Welt“ und Vorstadt-Romantik und verkörpert die zeitgenössische Variante einer Vereinheitlichung von Kultur. Die scheinbar harmlose Idylle verändert ihre Gestalt in der Dunkelheit, wenn die Schatten der Turm-Komposition bedrohlich in die Höhe wachsen und die monumentale Architektur den Raum dominiert.

In diesem Zustand reiht sich der Turm zu Babel nahtlos in Fürtlers skulpturales Oeuvre menschenleerer Infrastrukturwüsten, mehrstöckiger Autobahnlandschaften und Metropolen aus Neonlicht, in denen Vehikel sinnlos kreisen, ein. Seine Arbeiten beschäftigen sich, zwischen ästhetischer Faszination und kritischer Analyse, mit Stadt-Utopien, Konformität, Zivilisationswahn, Entfremdung und Automatisierung. Die Modelle, die sogenannten Bildmaschinen, sind nicht nur Skulpturen, sondern auch kinetische Automaten, die durch Projektionen, Film und Fotografie Bild-Welten erzeugen, welche der Künstler mittels Malerei, Zeichnung und Siebdruck künstlerisch weiter erforscht.

Auch der Turm zu Babel im Stadtraum wird von Fürtler während der Ausstellung bearbeitet. Der Künstler wird im Galerieraum zeichnen und immer neue Entwürfe und Varianten zum Turm entwickeln, die im Laufe der Ausstellung die Wände füllen werden.

Kuratiert von Michaela Seiser

[Quelle: https://sammlungfriedrichshof.at/project-5-clemens-fuertler/, 11.11.2020]

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