Datenbank > Ausstellung / Veranstaltung > Erró. Permanent Daylight and The Grandchildren of Mao

Erró. Permanent Daylight and The Grandchildren of Mao

Einladung: Erró. Permanent Daylight and The Grandchildren of Mao. 2008

15.05.2008 - 19.06.2008

Galerie Ernst Hilger, Wien / Österreich

Erró ist in den aktuellen Bildern sowohl seinen charakteristischen Gestaltungsprinzipien als auch seiner appropriativen Sujetwahl treu geblieben. Der gebürtige Isländer ist ein „Sampler“ der modernen Kunstgeschichte und einem schier unfassbaren Spektrum an Genres des Alltäglichen: Comic, Werbeplakate, Schundhefte, Erotikhefte ... Selbstverständlich verwebt er unterschiedliche ikonografische Ebenen zusammen. So drängt sich etwa eine asiatische Karaokesängerin in den Bildvordergrund der Arnolfinis, besser gesagt, Errós poppiger Paraphrase auf Jan van Eycks Standesporträt.... Aus High wird Low. Der Künstler stülpt dem flämischen Ehepaar Comicmasken über, wie in einem Cartoon von Walt Disney. Im Konvexspiegel im Bildhintergrund schaut Mickey Mouse hinter dem Vorhang hervor. Erró bedient sich der Kunstgeschichte und ihren Bildikonen, so als ob er vor einem reichhaltigen Buffet stehen und sich die Ingredienzien der Kunst auf seinen Teller aufladen würde.
1964 malte der Künstler ein monumentales Gemälde mit dem Titel Foodscape, eine unüberschaubare Landschaft mit allerlei Essbarem in Hülle und Fülle. Der Betrachter geht in der kulinarischen Reizüberflutung regelrecht unter, ist überfordert mit dem Überangebot. 1963 bereist Erró erstmals die USA und lernt in New York den American Way of Life kennen: Technologischer Fortschritt und Konsumfanatismus im großen Stil. Vor allem das reiche Angebot an fast Food veranlasst den Künstler sozialkritisch in seiner Malerei zu agieren und den Betrachter mit der Kakophonie an Konsumgütern zu überschütten. Formalästhetisch dominieren in den 1960er Jahren die All-Over-Kompositionen die Bilder von Erró, kleinteilig über die gesamte Bildfläche gleichmäßig verteilt, so als würde man ein berstendes Fischernetz vor unseren Augen öffnen und den Schwall an Fischen herunterprasseln lassen. Die aktuellen Gemälde hingegen sind geprägt von einem Bildaufbau, der mit dem der Cartoon-Bilder verwandt ist. Ein paar monumentale Figuren in dynamischer Bewegung, die den Rahmen des Cartoonkaders zu sprängen drohen, aus ihm ausbrechen.
In der Oberflächenbeschaffenheit sind Errós Acrylbilder glatt wie Comics. Materialität, Pastosität und ein ungenauer Farbauftrag zugunsten der persönlichen Handschrift vermeidet der Künstler. Alles wird gleich behandelt, wie gedruckt, anonym, um das Sujet und den Inhalt in das Zentrum zu rücken. Damit setzt sich der Künstler dezidiert von der Generation des Abstrakten Expressionismus’ ab, wo freie Geste und Selbstreferenzialität der Materie einen großen Stellenwert eingenommen haben. Man denke etwa an Jackson Pollocks klumpig lackige Drip Paintings, Ikonen des Action Paintings. 1967 malte Erró ein monumentales Bild in Anspielung auf den Heroen der abstrakten Kunst. In The Background of Pollock zeigt Erró im Bildvordergrund den Action Painter in Denkerpose mit Zigarette, der aus dem All-Over der unterschiedlichsten Bildmotive hervortaucht: Darunter befinden sich zahlreiche Appropriationen der klassischen Moderne, wie Mondrians neoplastizistische Bilder, ein Selbstporträt von Vincent van Gogh oder Picassos Demoiselles d’Avignong. Besonders Picasso galt als der „Reibebaum“ für Pollock: Vorbild und Rivale zugleich. Errós All-Over ist stets ikonografisch determiniert, als Mediator der Bilderflut, als Welle der Images, bunt durchgemischt.
Der Künstler unterscheidet nicht zwischen hoher Kunst und Alltagsleben. Das macht ihn zu einem Verwandten mancher Pop Art Künstler, wie zum Beispiel Roy Lichtenstein, der etwa in einem seiner Bilder einen Picasso-Kopf mit Konsumgütern verbunden hat. Diese einheitliche Wirkung erzielte Lichtenstein durch die ebenso einheitliche malerische Behandlung, die dem Siebdruck ähnelt. Bei Erró ist es die an Comicdrucke erinnernde anonyme Maltechnik.
Seit den 1970er Jahren treten vermehrt Motive aus der ostasiatischen Kulturkreis auf. Erró war dem Kommunismus verbunden und fand Interesse an den Lehren Maos. Diese scheinbare konfliktfreie, idyllische Welt formuliert der Künstler in seinen Gemälden: Strahlende Gesichter; ein triumphierender Mao, der die ganze Welt bereist. Trotz all dem Glanz steckt in jenen Bildern eine Brise beißender Ironie, die den sozialkritischen Menschen Erró hervorhebt – so wie auch seine frühen Bilder mit Collagecharakter aus den 1950er und 1960er Jahren. Dort mutierten die Menschen zu Maschinen – ein apokalyptisches Szenario der Menschheit. Im Unterschied zur affirmativen Pop Art positionierte sich die Pariser Gruppe Figuration Narrative, zu der neben Adami oder auch Monory Erró zu zählen ist, als gesellschaftskritische Strömung in der Nachkriegsmalerei. Anstelle der Schablonen des konsumorientierten Wohlstands – wie Campell Soup, Coca Cola und Marilyn Monroe, bedrohliche Wogen des Materialismus, der Umweltzerstörung und Aufgabe der Individualität.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

[Quelle: http://www.hilger.at]

MEHR LESEN


alles anzeigen
alles schließen
+
Beteiligte
[2]

Kein Ergebnis

+
Archivalien
[2]

     

zuletzt geändert am 17.06.2009


Kunst- und Forschungsdatenbank - basis wien