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"Misologie"

Einladung: "Misologie". 2011

06.05.2011 - 19.05.2011

Glockengasse No 9, Wien / Österreich

In Koproduktion mit Dolce & Afghaner
„Post coitum omne animal trieste est, sive gallus et mulier“ (20-22 Uhr)


Kunst sieht sich gegenwärtig gesteigerten Erwartungshaltungen gegenüber. Realitätsnah solle sie sein, sich der Wirklichkeit auf all ihren Ebenen stellen, sie kritisieren und potenziell verändern; einen Forschungsanspruch müsse sie haben, Erkenntnis und Bildung befördern, sich zur wissenschaftlichen Disziplin professionalisieren. Sie solle aus der umfassenden Krise führen – oder begrenzte Krisen-als-Chancen initiieren.... Dass sie frei sei und schön, geschichtsbewusst und selbstreflexiv, sind lang tradierte Selbstverständlichkeiten.

Die Ansprüche, die sich in der globalisierten und liberalisierten Welt an die Kunst richten, werden zunehmend vielfältiger, verfeinerter und verkopfter.
Doch was Kunst konkret leisten soll, kann oder will, klärt sich dabei nicht etwa auf; es wird, im Gegenteil, fraglicher. Läuft die Forderung nach Rationalität in der Kunst nicht etwa Gefahr, künstlerische Perspektiven zu ‚rationieren’? Führt die Indienstnahme der Kunst durch die Politik jene tatsächlich näher an die Realität heran? Und ist Kunst als Vernunft-, Gesellschafts- oder Erfüllungstechnik überhaupt geeignet?

Die Ausstellung mit dem Titel Misologie soll eine Konfusion über diese Dinge formulieren. Sie versammelt einige künstlerische Positionen, die sich die moralische Frage stellen, wie mit diesem Lastenheft der Anforderungen und Leistungen umzugehen sei.

Die Ausstellung versammelt Positionen, die weder eine bestimmte Ästhetik noch ein Genre, nicht einmal ein gemeinsames Thema oder Format verbindet. Misologie als mindset artikuliert sich in verstreuten Praktiken und unterschiedlicher Form:
Paul Wagners Objekte und Spraybilder erzeugen „Bedeutsamkeit ohne Bedeutung“ (P.W.) und somit eine Gewichtigkeit und Schönheit, die ins Leere zielen und daher die bestehende(n) Weltlogik(en) weder affirmieren noch dekorieren können. Im Durchlauf durch die diversen Kanons der A- und B- Genres bzw. U- und E-Künste entsteht hier eine Übersättigung, die derlei Kategorien wieder analphabetisiert. Diese Praxis ist ebenso misologisch motiviert, wie
Linda Reifs Fotografien in ihrem Gestus der Sinn- und Pointenverweigerung. Die Fotoarbeiten zeigen eine Wirklichkeit, wie sie uns via iPhone, Photoshop und Dropbox gebräuchlich ist; ihre Beiläufigkeit vermag Hoffnungen auf einen ‚künstlerischen Mehrwert’ endlos auf die Folter zu spannen.
Jan Peters’ filmische Sinnsuche verfehlt sich permanent im performativen Akt und ist dennoch von einer unbeirrbaren just do it–Attitüde angetrieben. In seinem Tagebuchfilm Aber den Sinn des Lebens hab’ ich immer noch nicht rausgefunden rennen slapstickhafte Bilder gegen die Denkleistung des Protagonisten an.
Indes verfolgt Marc-Alexandre Dumoulin eine Sinnsuche außerhalb des (Er-)Lebbaren: Seine Skulpturen und Prints, die Momente wehrlosen Bedauerns, unverarbeiteter Trauer und eingestandener Todesfurcht heraufbeschwören, können lediglich Platzhalter sein für etwas, das sich gegenwärtig nicht konkretisieren lässt. Stattdessen tritt in den Arbeiten eine Nostalgie zutage, die sich nur schwerlich als brauchbares Mittel zur Sinn- bzw. Selbstfindung legitimieren lässt.
Das Duo Dolce & Afghaner bietet sein gesamtes Repertoire an Kunst- und Wissenstechniken auf, um performative Verschiebungen ins Kalkül des Kunstbetriebs einzuschleusen. Ihr Vorgehen deutet nicht auf generellen Vernunfthass, sondern auf eine Skepsis an einem von institutionellen und Marktlogiken durchsetzten Begriff von ‚Kunst als Wissensproduktion’.

[Quelle: Einladung]

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last modified at 11.05.2011


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