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Die Schönheit des Gestus (oder: über das Kraftschöne)

28.10.2011 - 25.11.2011

Galerie Maerz, Linz / Österreich (venue)
Künstlervereinigung MAERZ, Linz / Österreich

Die Schönheit des Gestus, der Pathos, oder die Kraft der Verführung durch diese sind Thema der Ausstellung. Künstler, die diese Phänomene bearbeiten, wurden eingeladen neue oder bestehende Werke zu zeigen. Dabei ist es fast zwangsläufig so, dass viele der gezeigten Arbeiten vorrangig ein Augenmerk auf die jüngere Zeitgeschichte Europas werfen. Die Künstler bearbeiten verschiedene Medien, nehmen Fotografien zur Vorlage (Hartmann und Backes) oder sammeln diese (Kurt Lackner), nehmen die brachiale Ästhetik der skulpturalen NS-Kunst auf, um sie in Malerei (Proschek) oder Skulptur/Raumgestaltung zu übersetzen (Sommerauer)....

[Quelle: www.maerz.at]


Eine "Gleichschaltung" durch Ästhetik in der Zeitgeschichte wird deutlich, wenn man etwa die Arbeiten von Kurt Lackner betrachtet, die aus gesammelten und collageartig arrangierten historischen Fotos bestehen. Es sind Fotos aus der Zeit des Nationalsozialismus, Menschen in Uniformen – in mehr oder weniger gleichen Posen, Gesten und gleicher Mimik. Die Gleichschaltung wird über das Medium der historischen Fotographie sichtbar – nämlich dann, wenn hinter den sich gleichenden Bildern das einzelne Individuum hervortritt – und die Einebnung von individueller Geschichte im historischen Prozess deutlich wird.

Auf andere Weise zeigt auch die Arbeit von Robert Hartmann und Hans Backes wie Gestus und Pathos dazu geeignet sind, menschliche Realität zu ignorieren. Die Künstler stellen die körperliche Ertüchtigung als Teil der Propaganda der kriegsführenden Gesellschaft nach und verdeutlichen die Brüchigkeit des Ideals ebenso wie das Scheitern am Heldentum.

"Das Kraftschöne" – wie es Charles Kaltenbacher bezeichnet – folgt einer eigenen Logik, die deutlich wird, wenn man etwa die propagierte Ästhetik der NS-Zeit mit dem Erscheinungsbild zeitgemäßer Automobilwerbung vergleicht. Pathos und Geste stehen Seite an Seite, wenn es gilt, der Verführung durch Ästhetik Vorschub zu leisten. Gerade in so "unschuldigen" Bereichen, wie z.B. dem Freizeitsport oder der Lifestyle-Industrie dominiert das Geschäft mit dem "Kraftschönen". Verkauft wird in erster Linie ein "Image", das an sich schon fragwürdig ist. Oft auch noch mit Mitteln und Sprache. die manchmal bedenklich anmuten – wenn etwa BMW heute kraftprotzende, aufgeblasene Autos mit Sprüchen wie "Joy by Power" vermarktet und einem umgekehrt sofort "Kraft durch Freude" in den Sinn kommt.

Bedenklich wird es dort, wo Geste und Pathos zu einer Definition von "reiner" Kunst so übertrieben sind, dass die Kunst dadurch zum mächtigen Propagandamittel wird. Sowohl Markus Proschek als auch Peter Sommerauer beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit bestimmten Bildern von Kunst aus der NS-Zeit. Bilder, die uns bis heute den Wahn eines idealisierten Menschenbildes – das es letztlich nur innerhalb der Kunst geben kann – vor Augen führen.

Bezugnehmend auf den Begriff der Pathosformel, den der Kulturwissenschaftler Aby Warburg anhand der Strukturierung seiner unvollendeten Bildersammlung (1925–1929) nach Körper-Haltungen entwickelt hat, entsteht auch in den künstlerischen Auseinandersetzungen dieser Ausstellung das Bedeutungsgefüge in der Gegenüberstellung, in den Zwischenräumen der Bilder.

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last modified at 06.05.2012


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