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On things, On minds

Einladung: On things, On minds. 2013

09.06.2013 - 20.07.2013

Kunstverein Schattendorf, Schattendorf / Österreich

Eine mögliche Geschichte vom Ding, das mehr ist als ein Ding so bald ein Gedanke daran klebt, der in diesem mehr erkennen will als die bloße Dinglichkeit, könnte bis in die Geschichte des Fetisch zurückreichen, in eine alte Geschichte: »Ich weiß ja, aber dennoch…«.[1] Es sind nur ihre Schuhe. Es ist nur ihre Geschichte in den Schuhen, die immer noch in den Schuhen steckt. Es ist sie, die immer noch in den Schuhen steckt, ihre Füße, mit denen sie davon gelaufen ist, vor Jahren, in die andere Geschichte, in ihre Geschichte.... Sie ist der Schuh. Nur mehr der Schuh ist sie, dieses schöne Ding. Nur ein Blick und die Verwandlung nimmt ihren Lauf, läuft über den Schuh hinaus, beseelt das Ding, zu dem sie wird. Berührbar. Unberührbar. Verfügbar und verloren. Ein Rest von Anwesenheit und Absenz, nackte Gegenwart des Übergangs. Ein Gedanke, der das Ding übergeht, über die Grenzen des Dings geht, indem er sich selbst verdinglicht, sich materialisiert im Ding. »Ich weiß ja, aber dennoch…«. Duchamps Readymade. Dies ist ein Kunstwerk. In Deinem Lächeln, ja auf Deinen Lippen materialisiert sich der Witz, den ich Dir gerade erzählt habe, als materielle Spur eines Gedankens, den ich nur wiedergegeben habe. So greift der Nachbar von gestern Abend auf Deine Lippen zu, zieht an Deinen Mundwinkeln, die er nie gesehen hat. Sein Witz berührt Dich. Du bist sein Material. Ich bin ein Witz. »“Ich bin so froh, daß ich keinen Spargel mag“, sagte das kleine Mädchen zu einem mitfühlenden Freund, “Denn wenn ich das täte, so müßte ich ihn essen…“«.[2] Jetzt wäre eine Einblendung von Warhols »Campbell Soup« Dosen angebracht. Oder besser: Ein Bild der »Candies« von Felix Gonzales-Torres, ein bunter Haufen, ein Haufen goldene, die eine Ecke überschwemmen, mitgenommen wurden, als Souvenir, als Stück Erinnerung, ohne je davon gekostet zu haben, ohne Gonzales-Torres je berührt zu haben. Das Ding als mentale Fotografie einer künstlerischen Praxis, die berührt hat, noch immer berührt, unter die Haut geht. In der Verpackung seiner Süßigkeiten spiegeln sich die 90er Jahre, der Gedanke an AIDS, ans Unverdaute, die Weigerung, den Tod zu verdauen. Die nackte Gegenwart des Übergangs geht über die Grenzen des Dings hinaus wie über die Grenzen des Denkens, das sich verwandelt, sich ins Ding einnistet, darin vergräbt, unumstößlich wie ein Gesetz. Das Gesetz der Metamorphose, der Wandlung: Apollo und Daphne, die immer noch in dem Baum steckt, in den sie sich verwandelt hat, um Apollo zu entkommen. Die Flucht ins Ding, in die Rinde, die ihre Lippen verschlingt. Ein Baum mit Haut und Haar. Daphne! Felix! Ein süßer Baum. Nur ein paar Wörter, die ich Dir in den Mund lege, um darauf zu kauen. On Things. On minds.
Andreas Spiegl
________________________________________
[1] Slavoj Zizek: Liebe Dein Symptom wie Dich selbst. Jacques Lacans Psychoanalyse und die Medien, Berlin, 1991, 51.
[2] Zizek, 1991, 53.


[Quelle: Einladung]

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