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Punctum. Fotografie zwischen Inszenierung und Dokumentation

10.11.2013 - 21.12.2013

Boltensternraum Baden, Baden / Österreich (venue)
Galerie Meyer Kainer, Wien / Österreich

Jeff Wall präsentierte im Jahr 1997 eine Reihe großformatiger Bildinszenierungen in Schwarzweiß. Die Fotos ließen sich als bewusster Rekurs auf die Tradition der US-Dokumentarfotografie werten, zugleich war der Inszenierungscharakter unverkennbar. Wie kaum ein anderer Künstler kann Wall dafür einstehen, dass die Theorie der Fotografie nicht notwendigerweise unanschaulich ist.



Als einer der ersten hat die Begrifflichkeit des "Abdrucks" William Henry Fox Talbot in seiner Publikation The Pencil of Nature (1844-1846) verwendet.... Der Automatismus der Kamera, der das Bild von selbst entstehen ließ, hatte für die frühen Theoretiker etwas Faszinierendes, ja Magisches. Die Formel des nicht von Menschenhand gemachten Bildes verwies auf die "Virulenz einer Leerstelle", die ihr Faszinationspotenzial jedoch keinesfalls in der Frühzeit der Fotografie verbraucht hat. Auch spätere Autoren wie Charles Sanders Peirce, Siegfried Kracauer, Rosalind Krauss, der späte Roland Barthes und Philippe Dubois sowie George Didi-Hubermann haben sich bei aller Kritik im Detail zustimmend zu einer Theorie der Fotographie als Abdruck, Index oder Spur verhalten. Nach Meinung der kritischen Autoren der 1970er-Jahre, wie Pierre Bourdieu, Victor Burgin, John Tagg, Allan Sekula, Douglas Crimp, dem frühen Roland Barthes und Rosalind Krauss aber stellt das "realistische Potenzial der Fotografie [...] keine tatsächliche Eigenschaft fotografischer Bilder dar, sondern erscheint als bloßer Effekt sozialer und kultureller Praktiken, Zuschreibungen und Codes." Dennoch haben sich bei Krauss, sowie Barthes Reste einer Theorie des Abdrucks erhalten. Das Festhalten am Moment referentieller Durchsichtigkeit und Durchlässigkeit des fotografischen Bildes zum Nicht-Codierten hat zu Reflexionen auf die Rolle des Zufalls geführt. Das optisch Unbewusste (Walter Benjamin) ist das, was sich nicht herstellen lässt. Sein Charakteristikum ist die Abwesenheit von Intention. Ähnlich verhält es sich mit Überlegungen von Roland Barthes zum so genannten "Punctum". Nach Barthes ist das "Punctum" einer Fotografie jenes Zufällige an ihr, das den Betrachter unvermutet trifft. "Das Punctum kann ein Detail sein, ein Teil des Abgebildeten, der ohne Zutun des Fotografen mit ins Bild geraten ist und die routinierte Betrachtung in Unruhe versetzt." Wenn frühe Theoretiker einer inszenierten Fotografie, wie Bazon Brock und A.D. Coleman noch keinen positiven Begriff der Inszenierung entwickeln wollten, so hat erst Jeff Wall Texte geschrieben, die sich für eine positive Bestimmung der Fotografie als Kunst produktiv machen lassen, und so das Verhältnis von Fotografie und Fotografischem neu definieren. Walls Arbeiten erlauben es in der Folge vielen Künstlern die Polarität von Dokumentation und Inszenierung zu durchkreuzen.

[Quelle: www.meyerkainer.com]

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last modified at 09.12.2013


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