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Chto Delat?

Einladung: Chto Delat? 2014

21.11.2014 - 25.01.2015

Vereinigung Bildender KünstlerInnen, Wiener Secession, Wien / Österreich

Chto Delat? (Was tun?) wurde Anfang 2003 in Petersburg von einer Arbeitsgruppe aus Petersburger, Moskauer und Nischni Nowgoroder KünstlerInnen, KritikerInnen, PhilosophInnen und SchriftstellerInnen als Verbindung von politischer Theorie, Kunst und Aktivismus gegründet.

Der Name der Gruppe leitet sich vom Roman "Tschto Delat?" des russischen Schriftstellers Nikolai Tschernischewskij ab und erinnert sofort an die von Lenin in seinem gleichlautenden Werk geschilderten ersten sozialistischen Arbeiterselbstorganisationen in Russland.... Chto Delat? versteht sich als selbstorganisierte Plattform für KulturarbeiterInnen, die ihre "Wissensproduktion" durch die Reflexion und Neudefinition einer engagierten Autonomie für zeitgenössische kulturelle Praxis zu politisieren trachten.

Chto Delat? arbeitet mittels kollektiver, in "Kunstsowjets" organisierten Initiativen, die von den Räten des revolutionären Russland im frühen 20. Jahrhundert beeinflusst sind. Diese "Kunstsowjets" möchten ein neues, auf einer Synthese partizipatorischer und repräsentativer Politik beruhendes Modell kollektiven Arbeitens initiieren. Im Großen und Ganzen basiert Chto Delat? auf den Prinzipien von Initiativen und geteilter Verantwortung, ist also als eine Gegenmacht, die Projekte kollektiv plant, verortet und ausführt. Neben diesen konventionellen Kunst- und Forschungsaktivitäten sieht sich Chto Delat? auch als neuer Institutionstyp und als Community-Building-Tool.

Dieses Verfahren führt gewöhnlich zu künstlerischen Interventionen, Ausstellungen und Kunstwerken (Videofilmen, Hörspielen, Grafiken und Wandbildern, aber auch Lehrstücken), die ihrerseits zu neuen Ausgaben unserer Zeitung führen. Die meisten dieser Projekte verfolgen eine doppelte Absicht: Zum einen interessiert uns die Übersetzbarkeit und Aktualisierung linker Theorie (klassischer Marxismus, Poststrukturalismus, Post-Operaismus, kritische Theorie) und künstlerischer Methoden (dialektischer Realismus, Verfremdungstechniken, Situationismus, Institutionskritik usw.) unter postsozialistischen Verhältnissen und deren Beziehung zu ähnlichen Anstrengungen andernorts. Zum anderen haben wir oft auch an Aktualisierungen des Potenzials der Sowjetvergangenheit gearbeitet, die im Lauf der sowjetischen Geschichte verdrängt wurde.

Seit 2008 arbeiten einige Mitglieder des Kollektivs an der Entwicklung einer neuen Form des Songspiels, das als Video umgesetzt wird. Wir bezeichnen mit dem Begriff eine spezielle Form des politischen Musicals, bei dem wir das Publikum mit einer Reihe von Figuren in einer bestimmten historischen Situation konfrontieren und einen Chor deren Haltung und Verhalten in Form von Songs kommentieren lassen. Es greift in Form und Methode auf die antike Tragödie zurück und ist eine Weiterentwicklung der Brecht'schen Verfremdungstechnik, die durch Songs und subversive Dialoge Machtverhältnisse zum Vorschein bringt. All unsere Songspiele, Konzerte und Musicals sind Versuche, eine neue zeitgenössische Tragödie zu schaffen, in der das Volk (die Öffentlichkeit) mit dem Ruf nach Konsolidierung gegen den Zusammenbruch der Gesellschaft kämpft.

Diese Projekte gehen jeweils mit einer Ausgabe unserer meist zweisprachig (Englisch/Russisch) erscheinenden Zeitung einher. Deren Entstehungsprozess verwickelt KünstlerInnen, KritikerInnen, AktivistInnen und PhilosophInnen in hitzige Redaktionsdebatten, die theoretische Aufsätze, Kunstprojekte, Open-Source-Übersetzungen, Fragebögen, Dialoge und Comic Strips nach sich ziehen. Die Gratispublikation zum Mitnehmen wird bei Kongressen und Ausstellungen, Sozialforen und Kundgebungen verbreitet, um ein breites kulturell interessiertes Publikum zu erreichen.

Die Plattform Chto Delat? wird von einer Arbeitsgruppe koordiniert, die aus folgenden Mitgliedern besteht: Olga Jegorowa/Zaplija (Künstlerin, Petersburg), Artiom Magun (Philosoph, Petersburg), Nikolai Oleinikov (Künstler, Moskau), Natalia Perschina/Gljuklja (Künstlerin, Petersburg), Alexei Penzin (Philosoph, Moskau), David Riff (Kunstkritiker, Moskau), Alexander Skidan (Dichter, Kritiker, Petersburg), Oxana Timofejewa (Philosophin, Moskau) und Dmitrij Vilenskij (Künstler, Petersburg). 2012 trat die Choreografin Nina Gasteva nach Jahren intensiver Zusammenarbeit dem Kollektiv bei. Seit jeher haben zahlreiche russische und internationale KünstlerInnen und ForscherIinnen an verschiedenen unter dem Kollektivnamen Chto Delat? realisierten Projekten mitgearbeitet.
(Text: Chto Delat?)

Für ihre Ausstellung in der Secession konzipieren Chto Delat? eine Installation für den Hauptraum, in deren Zentrum ein neuer Musik- und Tanzfilm über die gesellschaftliche Bedingtheit von Gefängnis steht.

[Quelle: http://www.secession.at]

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