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Alfred Klinkan

Einladung: Alfred Klinkan. 2014

15.10.2014 - 29.11.2014

Galerie bei der Albertina, Wien / Österreich


Wer fürchtet sich vorm roten Wolf?1
Der Maler Alfred Klinkan definitiv nicht

ein stier hat sienen kopf verloren .

hast du etwas ? nein, nichts ! ui !

ein stier hat den kopf verloren,
einmal mit und einmal ohne ohren.
die ohren hat er zum hören gkabt,
jetzt lebt er nur mehr von spinat
und so dahin,
einmal hier und einmal in berlin.
die ohren waren einst sein ganzer stolz,
er hörte weisen gar aus altem holz,
er konnte sie um seine mähne legen,
und die lästigen fliegen von der
nase fegen.... ?2


1950 in der steirischen Handelsmetropole Judenburg geboren, dem einstigen Zentrum eisenverarbeitender Betriebe in der Mur-Mürz-Furche, wurde Alfred Klinkan durch seinen Kunsterzieher Kaliwoda für die Malerei sensibilisiert.

1969 bewarb er sich als Student an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Josef Mikl war soeben als Professor an die Akademie berufen worden, Drago J. Prelog war sein Assistent. Klinkan präsentierte zur Aufnahmeprüfung farbkkräftige Bilder, darunter eines, das die Fußspuren eines Passanten auf einem Zebrastreifen zeigte. Alfred Klinkan kam in unsere unsichere Malerwelt – wie immer durch Richtungen unsicher gemacht – als ein sich sicher fühlender Kandidat zur Aufnahmeprüfung an die Akademie der bildenden Künste in Wien. Aus dem Militärdienst entlassen, brachte er eine große Packpapierrolle mit, zu groß für den Perspektivesaal, aber eine gute Arbeit. Die Bemerkungen einiger meiner Kollegen waren klassisch, wie Melchior bei Nestroy sagt. Ich hatte aber meinen besten Studenten gewonnen.

Während in Wien Anfang der 1970er-Jahre ein "unheimlicher 'insalata mista' an Formsprachen" zirkulierte – neben der Gruppe um die Galerie nächst St. Stephan mit Hollegha, Mikl, Prachensky und Rainer die Wiener Schule des Phantastischen Realismus, die Aktionisten, die Wirklichkeiten, Attersee – und international Performance-, Konzept- und beginnende Medienkunst en vogue waren, legte Alfred Klinkan unmissverständlich ein fast anachronistisches Bekenntnis zur subjektiven, gegenständlichen Malerei ab , die schließlich in den 1980er-Jahren auf breiter Basis protegiert wurde.

In der Mikl-Klasse war Klinkan eine herausragende Erscheinung. Er war Vorbild und Leitfigur, besessen arbeitend, zielstrebig. Entschlossen zur Tat schreitend und dabei wohlorganisiert, stellte er sich den Herausforderungen des Lebens. [...] Klinkan war kein Grübler, auch kein Meditierer, er malte instinktsicher, schnell entschlossen und mit unerschöpflicher Phantasie. [...] Er dachte und handelte immer großzügig, so als gehöre ihm Amerika.

Neben seinem Studium arbeitete Alfred Klinkan in einer Siebdruckwerkstatt oder im Sommer unter großem physischen Einsatz in einem Eisenbergwerk im schwedischen Kiruna. Er machte den Führerschein, kaufte sich einen Kleinbus, um seine Bilder leichter transportieren zu können, und investierte das schwer verdiente Geld in seine Malerei. Als Drago J. Prelog den Einkauf des Malmaterials für die Mikl-Klasse direkt bei den Erzeugerfirmen organisierte, stellte er erstaunt fest, dass Klinkan im Vergleich zur übrigen Klasse einschließlich ihrer Lehrer die vielfache Menge geordert hatte.

Der rastlose und geistig überaus bewegliche Alfred Klinkan besaß eine ausgeprägte Affinität zur Literatur, er schrieb nicht nur Gedichte und kurze Prosastücke, sein kindlich verbrämter Witz, der manchmal scharf an der Grenze zum Obszönen lavierte, verstärkte den narrativen Gehalt seiner Werke. Pointierte Wortspiele für Bildtitel unterstreichen diese überschwängliche Begeisterung. Mit blauer Farbe schrieb er auf große, weiße Leinwände Schulaufsätze in kindlich-naivem Duktus.

In den 1970er-Jahren experimentierte Alfred Klinkan mit unterschiedlichen bedruckten Papieren als Bildträgern, Landkarten, Schnittmustern, Tapeten, Abbildungen aus Illustrierten oder Geschenkpapier. Auf dieses malte er seine schön verpackten, mit einer schmückenden Kordel liebevoll dekorierten Geschenke, die er in dieser Werkphase neben seinen Krampus-Bildern und den scheinbar auf der Leinwand gestrickten Jacken und Westen, Handschuhen und Hauben schuf.

Als Josef Mikl den Abendakt an der Akademie übernahm, wechselte Alfred Klinkan mit Drago J. Prelog zu Wolfgang Hollegha. 1974 wurde der Künstler mit dem Abgangspreis der Akademie ausgezeichnet – zwei Jahre zuvor hatte er bereits den Meisterschulpreis erhalten. 1976 folgte schließlich der Kunstpreis des Landes Steiermark für zeitgenössische Malerei.

1976-77 ging Alfred Klinkan mit einem Auslandsstipendium für die Koninklijke Academie voor Schone Kunsten nach Antwerpen. Dort traf er auf den jungen, ambitionierten Galeristen Adriaan Raemdonck, der ihm mit seiner Galerie De Zwarte Panter eine viel beachtete Ausstellungsplattform erschloss, hier lernte er seine Malerkollegen Fred Bervoets und den väterlichen Freund Jan Cox kennen. Jan Cox war es auch, der Klinkans erste Ausstellung in der Galerie De Zwarte Panter eröffnete, in der Klinkan auf Anhieb 25 Arbeiten verkaufte. Alfred Klinkan liebte diese belgische Hafenstadt, er war fasziniert von ihrer reichen malerischen Tradition und ihrem offenen geistigen Klima. Der Künstler machte diese Stadt zu seiner Wahlheimat und kehrte mehrmals – 1979-81 und 1984 – nach Antwerpen zurück.

Das Jahr 1977 markierte insofern eine Zäsur in Alfred Klinkans vielschichtigem, von überbordender Kreativität und großer koloristischer Sensibilität getragenem Bildkosmos, als ab diesem Zeitpunkt ein symbolträchtiges Pandämonium von phantastischen Tieren und Fabelwesen Eingang in sein Oeuvre fand. Die Existenz dieser animalischen Geschöpfe ist durch ihre Verbindung zum Menschen bedingt, ob in der physischen Einheit mit ihm als Mischwesen oder in einer meist friedlichen Koexistenz von Tier und Mensch. Grandevilles und Daumiers Mensch-Tierkarikaturen formten ebenso wie die skurrilen Mischwesen eines Hieronymus Bosch oder Bruegel, die Klinkan besonders in seiner Antwerpener Zeit studiert hatte, Schamanismus, Naturreligionen, antike Mythen, Sagen und alchemistische Schriften ein ikonografisches Fundament, mit dessen Hilfe Alfred Klinkan seiner unbändigen Fabulierlust ungehemmt frönen konnte. 1978 kulminierte diese künstlerische Neuorientierung in der von Wilfried Skreiner in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum in Graz veranstalteten Ausstellung "Alfred Klinkan im Schlieraffenland od. die Wunderwelt von A – sch". 1978 stellte Klinkan auch zum ersten Mal in der Wiener Galerie Ariadne aus, die von vielen Absolventen der Akademie als "Sprungbrettgalerie" wahrgenommen wurde. Später sollten auch Siegfried Anzinger oder Gunter Damisch hier ihre Werke präsentieren.

In der ersten Hälfte der 1980er-Jahre perfektionierte Alfred Klinkan seinen Umgang mit den von ihm verwendeten Malmaterialien. Die barocken Sammelsurien der "Wunderwelt"-Bilder, oft in Gelb-Rot, die mustertapetenartigen Vexierbilder wurden abgelöst von Gemälden in greller und bunter werdenden, nahezu psychedelisch anmutenden Farben, deren Glühen und immaterielle Leuchtkraft Wilfried Skreiner 1985 dazu bewogen, Klinkan mit dem Prädikat eines "hintergründigen Alchemisten der Farbe" zu adeln. Ein prononciertes Kolorit, häufig in fröhlich-bunten, manchmal schrillen Komplementärkontrasten, charakterisiert diese Werke, deren Protagonisten meist monumentale Gestalten in einer narrativen Bildumgebung sind. Klinkans intensive Auseinandersetzung mit dem Oeuvre des flämischen Malers Adriaen Brouwer, der im 17. Jahrhundert seinen künstlerischen Fokus auf überaus lebendig gemalte Genrebilder aus dem Bauern- und Wirtshausleben gerichtet hatte, fällt in diese Zeit. Es sind auch jene Jahre, in denen in Österreich die subjektiv gemalte Figur als Angelpunkt einer vitalen, farbintensiven Malerei proklamiert wurde. Siegfried Anzinger, Alfred Klinkan, Alois Mosbacher und Hubert Schmalix waren ihre signifikanten Exponenten.

1981 erhielt Alfred Klinkan als erster Künstler den renommierten Otto Mauer-Preis. 1983 war Klinkan einer der herausragenden Proponenten der großen Ausstellung "Einfach gute Malerei" im 20er (heute 21er) Haus, 1986 widmete Heft 2 der Zeitschrift "art" dem "Kunst-Wunder von Wien" doppelseitige Vierfarbabbildungen, neben Hubert Schmalix und Valie Export war Alfred Klinkan mit einer Doppelseite prominent vertreten.

Das vorwiegend in Antwerpen verbrachte Jahr 1984 veränderte Klinkans Farbklima tief greifend. Seine manchmal laute, komplementärkontrastreiche Buntfarbigkeit wurde ersetzt durch eine generell dunklere, samtige, wärmere, umhüllende und transparente Farbpalette.

1985 übersiedelte Alfred Klinkan nach Freising nördlich von München. Er richtete sich ein Atelier in der bayerischen Landeshauptstadt ein und heiratete Hedwig Abert. 1985 und 1987 wurden seine beiden Söhne Adrian und Tobias geboren. Zwischen 1991 und 1994 hielt sich Klinkan außer in München auch immer wieder in Wien und Antwerpen auf.

Ende der 1980er-Jahre vollzog Klinkan innerhalb seines Oeuvres einen eklatanten Wandel in thematischer wie formaler Hinsicht: Symbole und biografisch konnotierte Gegenstände rückten in das Zentrum seiner Arbeiten – zum Beispiel der "Tagebuchbilder" von 1989 –, das Format wurde verkleinert, der Künstler malte meist auf monochromen Bildgründen mit einer starken Tendenz zur flächigen Gestaltung. Am 17. September 1994 starb Alfred Klinkan in Wien. 1996 richtete Otto Breicha dem humorvollen, rastlosen, originären Künstler im Kulturhaus der Stadt Graz eine große Personale aus, die anschließend von unserer Galerie übernommen wurde. Im Katalog zur Ausstellung resümierte Breicha: "Was er [= Klinkan] künstlerisch hinterlassen hat, ist so, wie es ist: phantastisch in seiner Überfülle, reich durch Intensität und reizvoll durch Eigentümlichkeit." Josef Mikl schloss sich mit dem ausdrücklichen Wunsch an: "Einen guten Flug mit Deinen Flügeln – guter Klinkan, dort, wo Du hinkommst, wirst Du keinen Kunstrichter finden!"

Andrea Schuster


[Quelle: http://www.galerie-albertina.at]

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