Database > Exhibition / Event > Florin Kompatscher. schleie farbe lief

Florin Kompatscher. schleie farbe lief

28.02.2015 - 22.04.2015

Destination Wien EXTENDED, Wien / Österreich
Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Wien, Wien / Österreich

von der dreieinigkeit der farbe und,
daß rot kein zufall ist!

schleie farbe lief, hing verdingt wie nebel vorm angesicht, sattsam gemach, ziggerandet; die um die ecke zu jener frisch gezackten schönheit hingreift, ihrer leuchtenden schuldhaftigkeit nach.

formschaft entwickelt aus geschicknis geschehnisse, um daraus färbig verfärbt ordnen und schließen zu dürfen; was lediglich komparativ, am färbigsten strapaziert, daß rot nur in der dreieinigkeit zufällig ist, weil willkür bestimmt, was zufällig gewohnte verhältnisse nennt....

so scheut rot keine feigen untergriffe um rot zu sein und reißt an der zunge das maul, bis es sich den schwanz blutig beißt oder rifft thrombosen in furchen, die in mauerfeldern kruststarr solange gerinseln; daß sie vor allen anderen heidnischen farben, im augenblick der dreieinigkeit, christlich armiert rot sind. gewahr ihrer feinde entsetzt sie sich ihrer gegensätze, um sie im verein ihrer dreieinigkeit totzuschlagen; bezwingt in die fläche gedrängt, brandschatzen sie farbe, die sich in ihrer zielrichtung rot entfacht. findet sich dabei in rage geraten und ihres sinnes beraubt, bindet sie sich aus dieser defekten deutung ihrer bedeutung los und widersteht so dem, was im absoluten vollkommenheitsfimmel, die ästhetisch zwecklosen persönlichkeitsfuchtler schon immer faselten; nämlich: daß rot zufall ist!

norbert brunner - lienz, 1988



Die Galerie Elisabeth & Klaus Thoman freut sich zur zehnten Einzelausstellung von Florin Kompatscher einladen zu dürfen. Den Titel seiner ersten Schau ihrer Dependance in Wien wählte Kompatscher in momoriam an den befreundeten Osttiroler Künstler Norbert BrunnerLienz (1959-2014). Diese Reminiszenz an seinen Freund verdeutlicht ferner welch fruchtbaren Nährboden die Literatur für Kompatschers Kunst darstellt, welche, der Sprachkunst verwandt, im Sinne eines nach außen Gestülptem erst im Innern eines Andern zu neuem Leben erwacht.


schleie farbe lief sind die einleitenden Worte eines von Brunner-Lienz 1988 eigens für Kompatscher komponierten, wortgewaltigen Texts mit der Überschrift von der dreieinigkeit der farbe und, daß rot kein zufall ist! Wenngleich sich Kompatschers Kunst seit mehr als drei Dekaden in ständiger Bewegung befindet, sind diese Zeilen heute doch noch ebenso treffend wie sie es bereits vor 27 Jahren waren: rhythmisch arhythmisch, fließend stockend, zart und hart, kurzlebig dauerhaft, haptisch unfassbar. Einerseits konkrete Anspielungen auf seine Kunst, andererseits ringsherum tänzelnd, dabei bewusst Lücken lassend, spiegeln Brunner-Lienz Worte ohnegleichen den Zauber wider, den Kompatschers Bilder auf deren Betrachter ausüben. Man lese den Brunner-Lienz Text, gewähre ihm Raum für dessen Nachhall und vertraue darauf, vorbereitet zu sein, auf das, was passiert, wenn man sich vollends bewusster Absicht auf Kompatschers Malerei einlässt. Seine Bilder zeugen von Grenzen rationaler Fassbarkeit, sprechen mit außerordentlichem Assozationsreichtum das Unterbewusste an. Gefordert ist, einen direkten Dialog mit dem Kunstwerk einzugehen und dieses auf seine eigene Art und Weise zu erfahren, auch auf die Gefahr hin über kurz oder lang von dessen Magie überwältigt zu werden, sind Worte scheinbar obsolet.


Kompatschers vielseitiges Oeuvre zeugt vom umfassenden Wissen des Künstlers, gestalterisch kompositorisch ebenso wie technisch, und seiner künstlerischen Anwendungskompetenz auf höchstem Niveau. In seiner Malerei geht es nicht darum mimetische Abbilder zu schaffen. Vielmehr ist sie das Ergebnis der akribischen Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Medium an sich, dessen elementare Fragen in Verbindung mit spürbarer Authentizität sich in pure Malerei als Materie in mannigfaltigen Aggregatszuständen ergießen. Kompatschers Bilder oszillieren zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein ihrer Betrachter und zeigen präzise Formgebungen inmitten sphärischer Farbkombinationen im dynamischen Spannungsfeld der Dualität von Fläche und Raum. Mit dem Nebeneinander von vermeintlich Gegensätzlichem in einer Art schwebender Balance wird auch dem Leben in unserer digitalisierten und computergestützten Gesellschaft unumwunden der Spiegel vorgehalten. Kompatscher adaptiert unsere visuelle Welt als einen Aspekt dieser Realität indem er nicht selten mit „digitaler“ Unterstützung „analog“ malt. Der offene Malprozess ist das grundlegende Konzept seiner Malerei. Dem ewigen Wandel der Natur ähnlich befindet sie sich seit ihren Anfängen ständig im Fluss.


Florin Kompatscher, 1960 in Bozen/Italien geboren, studierte in den Jahren 1981 bis 1986 bei Carl Unger und Adolf Frohner an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Seither lässt sich eine kontinuierlich rege internationale Ausstellungstätigkeit beobachten, deren medialer Widerhall nicht zuletzt wegen manch einem auffallend eingängigen Titel in Erinnerung bleibt: Trip de Roche (Galerie Elisabeth & Klaus Thoman 2012), Der Himmel hatte Fieber (Kunstverein Offenburg-Mittelbaden 2012), Wake Up Before You Go Purple (Galerie Andreas Binder, München 2010), Die Scherbe des Himmels (Galerie Strickner, Wien 2010), My Brain is on an Elevator (Galerie Eva Bracke, Berlin 2009), Der scharfe Rand der Erde (Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck 2008), Purple & Asphalt (Forum Kunst, Rottweil 2007), Alles Andere is wahr (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck 2006), Die Lange Heimat (Kunstverein Heilbronn 2006) oder auch dumdidldauda (kjubh Kunstverein, Köln 2002) um nur einige zu nennen. Nach mehrjährigen Auslandsaufenthalten (in Italien, Spanien und Frankreich) lebt Florin Kompatscher seit 2003 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Maria Brunner in Berlin.

[Quelle: http://www.galeriethoman.com]

READ MORE


show all
close all
+
Participants
[1]

No result

+
Publications
[2]

No result

     

last modified at 27.07.2015


Art and Research Database - basis wien