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Road*Registers. Aufzeichnungen mobiler Lebenswelten

Information: Road*Registers. Aufzeichnungen mobiler Lebenswelten. 2016

30.09.2016 - 06.11.2016

xhibit, Wien / Österreich

Pan-europäische Verkehrskorridore bezeichnen die Verkehrsverbindungen zwischen dem ehemaligen Osten und Westen Europas, deren Ausbau ein Kern-Projekt der EU-Infrastrukturplanung darstellt: dabei handelt es sich um Monumente der Modernisierung von Staaten und Staatenverbänden, um außergewöhnliche technische Leistungen und finanzielle Investitionen, die unter politischem und ökonomischem Druck (und mitunter gegen ökologische Argumente und von Konflikten begleitet) geplant, errichtet und ausgebaut werden.... Dementsprechend sind sie einer strikten Kontrolle (oder einem Kontrollwillen) unterworfen. Gleichzeitig stellen sie jedoch seit jeher auch Imaginationsarsenale dar, an denen sich eine Vielzahl an Träumen (und Albträumen) von Individuen und Institutionen festmachen lassen: von Wirtschaftswachstum und Völkerverständigung bis zum Truppenaufmarsch seitens der staatlichen Institutionen, von der motorisierten Flucht aus dem kleinbürgerlichen elterlichen Haushalt oder dem als entfremdeten empfundenen Alltag in den Urlaub bis zur Arbeitsmigration und der Flucht aus Kriegsregionen.

Diese Korridore operieren wie Magnete (Steward 2014; S. 552), die sowohl Dinge als auch Individuen "anziehen", die sich auf ihnen bewegen, an ihnen lagern und deren Erfahrungen und Erlebnisse in den Statistiken der Kontrollorgane, den News-Clips der Massenmedien und in den Alltags-Geschichten der Straßenbenutzer_innen und Anrainer_innen, in Forschungsberichten und künstlerischen Arbeiten "verzeichnet" werden.

Von besonderem Interesse sind Orte, an denen der Verkehrsfluss aus unterschiedlichen Ursachen anhält oder angehalten wird – wie Bus-Terminals, Parkplätze für den internationalen Lastkaraftwagenverkehr (TIR), Logistik-Zentren, Autobahnraststätten, formale und informelle Märkte und Grenz-Stationen entlang der Straßen. An diesen Schwellen in der Mobilitätslandschaft lassen sich sowohl Strategien staatlicher und suprastaatlicher Institutionen und großer Unternehmen zur Kontrolle von Mobilitätsströmen ablesen, als auch die unterschiedlichen Routen, Motive und Mobilitäts-Biographien der sie passierenden Akteur_innen. Mitunter verwandeln sich dabei anthropologische "Nicht-Orte" (an denen bestenfalls Objekte miteinander kommunizieren) zu intimen Ankern im Alltag der multilokalen Existenz hochmobiler Subjekte, an denen sich Rituale und Routinen entwickeln, um sich zu erholen, Kontaktaufnahmen an die Ziel- und Quellregionen in Gang zu setzen, aber auch um an Ort und Stelle fragmentierte Gemeinschaften zu pflegen.

Dabei entsteht ein dynamischeres Modell multilokaler Urbanität aus miteinander vernetzten "Archipelagos", die jeweils nur Stationen einer Tour von Individuen oder Objekten in ihren Vehikeln darstellen. Sie sind jedoch nicht stetig, sie können durch neue Knoten ersetzt, obsolet werden und verwahrlosen. Informelle Knoten können formalisiert und kontrolliert werden, und an anderen Orten können neue informelle Knoten entstehen. Diese repräsentieren "polyrhythmische" Ensembles aus statischen Architekturen, mobilen Objekten und Individuen, die abhängig von den täglich, wöchentlich oder saisonal wechselnden Rhythmen des Verkehrsflusses zu unterschiedlichen Nutzungsdichten anwachsen und schrumpfen. Augenscheinlich sind hier menschliche Mobilitätsformen untrennbar mit nicht-menschlichen und nicht-materiellen Mobilitätsformen verbunden, deren dynamische Netzwerke und Hierarchien Techniken einer vielschichtigen Kartografie nahelegen.

[Quelle: akbild.ac.at]

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