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Welt kompakt?

Ausstellungsinformation: Welt kompakt? 2017

28.06.2017 - 03.09.2017

freiraum Q21, Wien / Österreich

„WELT KOMPAKT?“ befasst sich als Ausstellungsprojekt mit transdisziplinären, künstlerischen Praktiken, die durch unseren direkten Zugang zu Informationstransfers, Kommunikationstools und Social Media zur Anwendung gelangen. Der Gebrauch von Social Media Kanälen wie Instagram und Facebook verändert unser Empfinden von Nähe und Ferne, unser Bewusstsein von Intimität und Distanz, von körperlicher Präsenz, Absenz und politischer Mobilität. Welchen Einfluss haben soziale Medien auf die Gestaltung sogenannter „glocaler“ (global & local) Projekte und Lebensmodelle? Wie wirken sie sich auf Prozesse der Meinungs- und Entscheidungsfreiheit sowie auf Wissens- und Informationstransfers aus?

Kollektive, transdisziplinäre Arbeitsformen und das Engagement für politische, soziale, ethische und antikoloniale Fragestellungen zählen zur Praxis der an „WELT KOMPAKT?“ teilnehmenden Künstler_innen.... Sie befassen sich mit einer Reformulierung des Demokratie-Begriffs und der Rückführung von Kunst ins Leben. Verschiedene Methoden der Sichtbarmachung und der daran geknüpften Prozesse gelangen durch Medien wie Video, Installation, Sound oder Performance zur Anwendung.

Hinterfragt wird das Verhältnis derzeitiger künstlerischer Produktion zu Genealogien kultureller und medialer Prozesse, deren Ambivalenzen und Dichotomien. Die einzelnen Projekte behandeln die daraus resultierenden Aspekte der Wertbildung und deren Argumentationsstränge. Dabei wird eine hegemoniale, auf Herrschaftsstruktur basierende eurozentrische Wissensüberlieferung durch künstlerische Projekte einer kritischen Analyse unterzogen. Ästhetiken des Post-Porn und Antikolonialisierungs-Statements, das Schaffen von Räumen der Intimität und der Performance als Ort der Interaktion sind dabei wichtige Kriterien.

„Vom wissenden Körper aus denken” lautete der Titel eines Vortrages, den die brasilianische Sozialpsychologin Suely Rolnik 2016 in Wien hielt. Laut Rolnik entschlüsseln wir die Welt als eine Kartografie von Formen und assoziieren diese mit Repräsentationen, die wir in unserem kulturellen Gedächtnis haben. So situieren wir uns. Wir erfahren die Welt als lebendigen Körper. Es geht dabei nicht um Bilder und Begriffe, sondern um einen körperlichen Zustand, eine erweiterte Art des Wissens. Der Körper ist sehr real und Teil der Welt

Den Ausgangspunkt des Projektes „WELT KOMPAKT?“ bildeten Recherchen und Reisen von Kuratorin Ursula Maria Probst nach Lateinamerika, die Begegnungen mit Künstler_innen und Aktivist_innen in São Paulo und Rio De Janeiro, die sich in ihren Kunstpraktiken mit dekolonialisierenden, kollektiven und ökonomischen Fragestellungen befassen. „Das Volk wird so lange protestieren bis es wieder eine demokratisch gewählte Regierung gibt!“ Derzeit ist die öffentliche Wahrnehmung von Brasilien in der Welt durch die politische und ökonomische Situation geprägt: Proteste, Massendemonstrationen, Gewaltausschreitungen, drastische Restriktionen durch eine nicht vom Volk gewählte Regierung und der Kampf der indigenen Bevölkerung für ihr Land und ihr Leben. Die an dem Projekt „WELT KOMPAKT?” beteiligten KünstlerInnen, leben in Brasilien, halten oder hielten sich für Austauschprojekte in Brasilien oder Österreich auf oder leben derzeit in Wien.

Als Ausstellungs- und Performance-Projekt spannen die Arbeiten einen Bogen und verfolgen dabei nicht das Selbstverständnis einer Präsentation von künstlerischen Endproduktionen, sondern sind Mittel einer pluralistisch angestimmten Kommunikation.

Die Künstlerin Marie Carangi setzt in ihren Performances transdisziplinäre Techniken wie Handycam oder Theremin ein, um emanzipatorische Forderungen durch direkten Körpereinsatz zu artikulieren. So protestiert sie gegen das in Brasilien geltende „Oben ohne“-Verbot.

Die Aktivistin und Künstlerin Giseli Vasconcelos erstellte in Kooperation mit Mateus Mour in ihrer multimedialen Installation „For a critical cartograph of the Amazon: REMIXTEXTURES“ eine kritische Kartografie des Amazonas, aus der Sicht der dort lebenden Menschen.

Caetano schafft mit seinem „Poder-Soundsystem” eine Vorrichtung für eine ausübende Demokratie, deren Ziel darin liegt, verschiedenen Gruppen eine Stimme zu geben.

In seinem seit 2006 laufenden Projekt „Multitude (brava gente)“ (2006) zeigt Lucas Bambozzi durch die Technik einer multituden Sequenz wie 100 Mitglieder der indigenen Bevölkerung in São Paulo einen einzigen Moment der Erfahrung miteinander teilen. Dabei greift Bambozzi Überlegungen von Michael Hardt und Antonio Negri zum Konflikt zwischen Individuum und Kollektiv auf und reflektiert die Bedingungen des Individuums als „Interakteur“ im Feld der Kunst und Technologie.

Pêdra Costa benützt Methoden des Post-Porn zur kritischen Auseinandersetzung mit hegemonialen auf Herrschaftsstrukturen basierenden eurozentrischen Wissensüberlieferungen.

Luiz Roque befasst sich in seinem Werk „S” sehr intensiv mit Science-Fiction. Durch seine Recherchen ist er auf Jota Mombaca’s aktivistische Schriften über Science-Fiction gestossen und zwar darüber wie durch Science-Fiction eine Realität, die sehr gefährlich und diskriminierend ist, in eine imaginäre Freiheit transportiert werden kann.

Die KünstlerInnen Kadija de Paula und Chico Togni lebten im Jänner 2017 als Artists-in-Residence im Q21/MuseumsQuartier. Während dieser Zeit fanden sie durch eine alltägliche Praxis des „Dumsterns“ Nahrungsmittel im Wert von über EUR 600, bewirteten mehr als 50 BesucherInnen und servierten 200 Speisen in 4 Happenings, die jeden Samstag während ihres Aufenthaltes in ihrem Studio stattfanden.

Das Projekt von Dudu Quintanilha beschäftigt sich mit der Frage wie durch künstlerische Artikulationsformen neue Modelle der Kommunikation zwischen Menschen aus verschiedenen sozialen Gruppierungen entwickelt werden können.

Das Video „I Am Cos” (2016) von Axel Stockburger ist Teil einer Serie von Arbeiten, die sich mit der „Cosplay“ Kultur beschäftigt, einer in Japan entstandenen Form der Fankultur, in der Fans Charaktere aus Anime oder Computerspielen verkörpern. „Cosplay“ ist ein globales Phänomen das die Überführung von virtuellen Identitätsformen in realweltliche Situationen anschaulich macht. In der Arbeit „I Am Cos“ setzt sich Axel Stockburger mit der „Cosplay“ Szene in Sao Paulo’s Liberdade Viertel auseinander, wo regelmäßig Kostüme im öffentlichen Raum präsentiert werden.

Roberta Lima überträgt in ihrer Installation „Queer Way”, die sie aus Spiegel, Stegen und optischen Geräten zusammengesetzt hat, ihre Erfahrungen als Migrantin und Feministin im öffentlichen Raum.

Seit 2010 betreibt Ines Doujak ihr „Loomshuttles/Warpaths, Eccentric Archive 1- 48”, in dem sie sich kritisch mit ethnografischen Bild-Sammlungen, die unsere Wahrnehmung von Menschen anderer Kulturkreise prägen, befasst. Durch die Gestaltung von Postern schafft sie Alternativen zu hegemonialen Wissensproduktionen.

Die raumgreifende Installation von Daniel Lie zeigt auf fahnenartig hängenden Stoffbahnen Bildapplikationen von durch Allergien ausgelösten Wundmalen. Er visualisiert dabei, wie Praktiken des Selfies und rituelle Gesten ineinandergreifen.

Die multimediale Installation „LÌNGUAS E LÌNGUAS“ (2012) von Elke Auer und Esther Straganz zeigt ineinander verschlungene Körper. Sie spielt dabei mit der doppelten Bedeutung des portugiesischen Worts „Lingua“, das sowohl „Zunge“ als auch „Sprache“ bedeutet.

Juliana dos Santos bietet mit ihrem Projekt „Mesh” einen Vorschlag, der für alle entwickelt wurde, die an einer Übung zu Überlegungen über das Leben und Zusammenleben in einem größeren System teilnehmen wollen, das durch Bewegungen, Dialoge, Vereinbarungen und Verhandlungen vernetzt ist.

Die Audiospuren, die MARSSARES in der Performance verwendet, wurden von ihm auf der Straße, im Kino oder im Theater in Wien aufgenommen. Bestandteil seiner elektronischen Programmierung ist die Wiedergabe der lebendigen Aufgeladenheit seiner Stadterfahrung. Von den Tropen nach Europa kommend und zwischen Rio de Janeiro und Wien pendelnd – spiegeln sich die Passagen von Immigration, Struktur und Improvisation, der Umgang mit dem Unerlässlichen und Überschüssigen in der Performance wider.

[Quelle: www.q21.at]

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