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Ovidiu Anton and Alexandru Balasescu. Miroase a paradis. Über damals, jetzt und die Freiheit

12.01.2017 - 05.03.2017

Koenig2, Wien / Österreich

Zwei Hunde, zwei Städte, zwei Stimmen: eine männlich, eine weiblich. „Miroase a paradis“, das dogumentary von Ovidiu Anton und Alexandru Balasescu, präsentiert eine einfache und übersichtliche Versuchsanordnung: Ein Straßenköter aus Bukarest, der Metropole, die lange Zeit als Stadt der streunenden Hunde bekannt war, wird nach Wien adoptiert und unter den Bedingungen eines zivilisatorisch und bürokratisch geregelten Umgangs mit Tieren domestiziert. Die parallel montierte Gegengeschichte ist jene einer Hündin aus Wien, die mit ihren Besitzern in die rumänische Hauptstadt kommt, dort entweicht und im urbanen Dschungel des postsozialistischen Milieus mit seinen Verrohungs- und Verwilderungstendenzen Schritt für Schritt die Lebensform eines freilaufenden Tieres ohne Anbindung an menschliche Schutz- und Ernährungsfunktionen erlernt....

Diese Geschichte wird von den Tieren aus ihrer Perspektive erzählt und mit Kommentaren, Apercus und philosophischen Spekulationen über das Zusammenleben von Hund und Mensch und über Themen wie Exil, Migration, Stadtplanung und politische Machtverhältnisse ausgestattet.

Anthropomorphisierung als Verfremdungseffekt, aber auch als künstlerischer Versuch, die Grenze zwischen Mensch und Tier aufzulösen und eine Form des Miteinander zu insinuieren, die auf Enthierarchisierung des Verhältnisses zielt. Durchaus im Sinne von Jacques Derrida, der in der Tierphilosophie seiner letzten Lebensjahre die in der philosophischen Tradition verankerte logozentrische Herrschaftsposition des Menschen, die dessen potentielle Animalität auslöschen will, in Frage stellt. Derrida versucht diese Grenzlinie zwischen Menschenwelt und Tierreich, die mal als Schutzwall, mal als Abgrund das eine vom anderen trennt, ausfransen zu lassen, sie zu verfalten und zu vervielfachen und solcherart einen Interferenzbezirk zwischen Tier- und Menschenwelt zu eröffnen. „Miroase a paradis“ siedelt sich genau in dieser Twilight Zone an, wo Tiere zu sprechen beginnen – Animot, die Tiere als Wort – und Menschen als Tierhalter verstummen. Entfesselte Handkameras folgen den Hunden auf ihren Routinen, die im Falle von Wien vom Menschen vorgegeben werden, im Falle von Bukarest jedoch selbstgewählt sind. Reterritorialiserung versus Deterritorialisierung. Die Stimmen verbinden sich mit der Bewegung, ohne mit ihr eins zu werden und stellen im Rahmen einer Dialektik von Domestizierung und Auswilderung Fragen nach der existentiellen Geworfenheit, der transzendentalen Behaustheit und nach den Bedingungen der Freiheit. Am Ende stellt sich die unangenehme Erkenntnis ein, dass Janis Joplin vielleicht doch recht hatte: „Freedom`s just another word for nothing left to lose.“.

[Quelle: koenig2.at]

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last modified at 27.09.2017


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