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09.01.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Galerie Ulysses: Herumstehen - Viktor Bucher: Hineinschauen

kunstraum

Sie suchen keine Gesellschaft, sind sich selbst genug. Fast ein wenig linkisch stehen "Der Herumsteher" und die "Zusammengesetzte Figur" nebeneinander im linken hinteren Eck des Raumes, dessen Eingänge nabelhoch mit Brettern verbarrikadiert wurden. Angst vor Nähe? Wen wundert's. Sind sie doch Fremde hier, mussten erstmals ihre ihnen von Walter Pichler zugedachten Häuser und Plätze im burgenländischen St. Martin verlassen - nur, um sich jetzt forschenden, nach Neuem vom sich konsequent verweigernden Pichler gierenden Blicken auszusetzen. Dabei sind sie gar nicht so frisch geboren, diese beiden seltsamen Gestalten. Der blockhaft stilisierte "Herumsteher", wohl Pichler selbst, stammt aus 2000, hat zögerlich, in Rückenlage, den rechten Fuß ein wenig vorgeschoben. Der gerippte Brustkorb steht leicht vor, erinnert an ein geöffnetes Buch - oder ist es doch nur das freigelegte Skelett? Daneben, in ähnlicher Haltung, die 1999 "Zusammengesetzte": Pichler ergänzte eine glasgeschützte Schokolade-Büste seines Freundes Dieter Roth um ihre Extremitäten. Lange muss das spröde Paar jedenfalls nicht mehr aushalten im Exil - wie alle Pichler-Skulpturen sind sie unverkäuflich. Dafür gibt es Zeichnungen, Skizzen und Studien des Unangepassten aus den Beständen der Galerie von den 70er Jahren bis 2003. Preis: 5000 bis 20.000 Euro. Und ein neues Buch: "Walter Pichler Skulptur Architektur" (Verlag Jung und Jung, 72 Euro). (Bis 14. 1., Opernring 21, Wien 1)

Viktor Bucher: Hineinschauen

Die Serie ließe sich mit verschiedenen Ländern, Städten, ja Bezirken endlos fortsetzen - was zwar nicht sonderlich originell, aber durchaus praktisch wäre: Als Ergänzung zur letztjährigen Kunsthallen-Ausstellung gedacht, gibt "Lebt und arbeitet auch in Wien" im Projektraum Viktor Buchers Einblick in die neuere Produktion 14, ziemlich beobachtenswerter Künstler. So lernt man etwa, dass Daryoush Asgar, 1975 in Teheran geboren, von seinem Berlin-Aufenthalt wieder zurückgekehrt ist - und statt Modells und Jugendmoden jetzt pompöse Fantasy-Szenen malt. Dass die gebürtige Türkin Canan Dagdelen nicht nur Keramik im Raum zum Schweben bringt, sondern auch irritierende Immigrantinnen-Szenen in Wien fotografiert - oder ist es doch Delhi? Dass Sonja Gangl den Zensurbalken eben einfach anders - und zwar superironisch - versteht, und in all dem Schwarz nur die delikaten Ausschnitte freilässt (1400 €). Wer übrigens schnell ist, könnte noch einen der insgesamt drei Wand(er)-Rucksäcke von Michael Kienzer ergattern, aus denen so exzentrisch Metalldraht wuchert (5200 €). Einer - aus der Galerie Lendl - gehört bereits dem Salzburger Museum der Moderne. Und ins Museum für angewandte Kunst übersiedelt nach Ende der Schau Julie Haywards "Home on legs", eine Art Katzenkuschelhöhle auf fleischig-spinnenhaften Beinen. (Bis 27. 1., Praterstr. 13/1/2, Wien 2) Almuth Spiegler

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