Die Ausstellung "Form im Wandel" zur
Gegenwartskeramik konzentriert sich auf eine der ältesten
Manifestationen der Menschheit: das Gefäß.
Acht Gegenwartskünstler zeigen im MAK die
Urform des von ihnen gewählten Werkstoffs – mehr als freie Skulptur
denn als Gebrauchsgegenstand.
Sie bauen Türme aus Einzelstücken oder keramische Gerüste wie Franz
Josef Altenburg, wobei Teile sehr wohl von Becher- oder Tassenform
ausgehen können.
Die Stapelung wie die Architektur von Zikkurats gemahnt nicht nur an
Babylon, auch die seriellen Raster und Utopien der klassischen Moderne
und später des Minimalismus sind als ferne Zitate spürbar.
"Das ganze Universum" von Tieren – eine Arche Noah also – fädelt
Rosemarie Benedikt zu einer Obstschüssel oder Gefäßplastik mit
Durchblicken. Bei Gerold Tusch wird die große Prunkvase historischer
Gärten zur "perversen Nutzlosigkeit" von Ornamenten mit üppigen Brüsten
und roten Samteinlagen gesteigert. Der Titel: "Vase sich im Dekorum
auflösend" verrät Ironie und Liebe zu ausufernd kitschigem Stuck.
"Porcelain brut" ist das Ergebnis einer Projektarbeit von Kurt
Spurey, die aus industriellem Abfall in der Manufaktur Augarten
geschaffen wurde. Die von ihm zu zylindrischen Gefäßen gepressten Reste
vom Tellerdrehen etwa, wurden ungeschönt weiter verarbeitet – ohne die
Sprödigkeit und Brüchigkeit des so elastisch wirkenden Materials zu
verleugnen – eine Aufklärungsarbeit im ästhetischen Bereich.
Geliebte Vasen
An Elmar Trenkwalders manieristisch und changierend glasierten
Zwittern aus Architekturmodell und Plastik kommt die Keramikkunst schon
seit den Achtzigerjahren nicht mehr vorbei – ob Urne oder Uterus, ob
Wegmarke oder Standarte, diese sinnlos schönen haus- und turmartigen
Objekte appellieren an alle Sinne und das Unterbewusstsein.
Viel stiller agieren Gabriele Hain und Günter Praschak. Letzterer
ist mit seinem Torso den Frühformen erdigen Gestaltens und idolhaften
Ritzungen von Kultfiguren der Vorzeit auf der Spur, Hains Schnittformen
und Transformationen geometrischer Grundformen sind gepaart mit
kompliziert ausgedünnten Hüllen ihres Materials. In Kubus oder Zylinder
spürt sie dessen Eigenarten und Eigenwilligkeiten während des nassen
Formens und des Brennens nach.
Barbara Reisinger liebt die Vase in all ihren historischen
Spielarten, oft ist sie nur mehr Formel für andere Gebilde wie
Wandinstallationen. Ihre Hommage an ein gemaltes Stillleben des
Italieners Giorgio Morandi schafft durch die grobe Oberfläche Nähe zum
Zitat und so steigt ihr Medium in eine Metaebene auf.
Ironisch benennt sie eine ihrer Serien "Pandoras Büchse" mit Blick
zurück bis in die Antike ohne Zorn, und so strömen aus diesen
ästhetisch umschlossenen Hohlräumen keine bösen Geister auf die
Besucher.
Form im Wandel
Gegenwartskeramik
aus Österreich
MAK
Studiensammlung Keramik
Kuratorin: Katja Miksovsky
Bis 18. März 2007
Transformierte Urgebilde.
Freitag, 29. Dezember 2006