Galerien live
Sehet, welch ein Schwein!
(cai) Na so was Schweinisches! Wer hat denn das g’macht? Der Deix?
Natürlich nicht. Dann tät’ diesem "Schweinchen Dick ohne
Niedlichkeitsfaktor" ja irgendwo was Unschickliches raushängen. Ein
Tschick zum Beispiel. Oder gleich mehrere (aus den Ohren, dem Rüssel ..
.). Obwohl: Hinten schaun ihm eh die nackten Backen halbert aus der
Hose heraus.
Diese lebensgroße tabulose Kreuzung von Mensch und Schwein (na ja,
halt ein vollschlanker Mann aus Wachs mit einem echten Sauschädel oben
drauf) stammt trotzdem von Deborah Sengl, die die Kreatur mit Hilfe
eines Tierpräparators erschaffen hat. (Von einem Architekten erwartet
ja auch keiner, dass er das Haus eigenhändig und ganz allein baut.)
Ägyptische Gottheit ist das jedenfalls keine. Außer die Archäologen
hätten uns den schweineköpfigen, fettleibigen Gott Adiposis bis heute
aus Scham verschwiegen. Ach ja: Er sitzt auf einem Hometrainer, diesem
Radl, das eigentlich kein Fahr rad ist, sondern eine Zeitmaschine. Man kommt zwar nicht vom Fleck, aber dafür am Ende in der Zukunft an. (Mit einer Geschwindigkeit von einer Sekunde pro Sekunde.)
Tja, nach der Völlerei (eine Todsünde) bringt man eben ein
Schweißopfer dar. Oder macht eine Diät. Ein paar absurde
Schlankheitskuren hat Sengl anschaulich illustriert. Von FDH (geteiltes
Tortenstück ist halbes Tortenstück) bis zur Burger-Diät (wo quasi der
Big Mac die Broteinheit ist). Und wo, bitte, ist die Zwei-Finger-Diät?
(Einzige Regel: Sich nach dem Essen übergeben.) Die beigefügten,
rührenden Karikaturen von Menschenschweindln bei Abnehmritualen (auf
die Waage steigen, vorm Spiegel den Bauch einziehen ...) können mit dem
erschreckend realistischen Schmerzens-Eber auf dem Hometrainer (Ecce
porcus! Seht, welch ein Schwein!) freilich nicht mithalten. Die
Passanten draußen drücken sich an der Schaufensterscheibe sowieso die
Nasen platt wie Schweinsrüssel.
Galerie Steinek
(Eschenbachgasse 4)
All You Can Lose
Bis 17. Oktober
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr
Sa.: 11 – 15 Uhr
Baum ermordet Tisch
(cai) Bäume, nix als Bäume malt Benjamin Butler. Und die lösen sich
auf. Nicht in Wohlgefallen, nein, in schlampige Muster. Schad um die
Leinwand. Und die Keilrahmen. Die Bäume, die gefällt worden sind, damit
auf ihr Holz diese faden Bilder gespannt werden, haben eindeutig die,
pardon: A....karte gezogen. Doch statt nun aus der Galerie Janda
panisch zu flüchten, als sei das Gähnen höchstpersönlich hinter einem
her, sollte man in den Keller gehen. Um ein bissl Lach-Yoga zu
betreiben? I wo. Um sich bei den ruhigen Fotos von Sharon Ya’ari zu
erholen. Da spielen sich oft kleine Dramen ab. Ein herabfallender Ast
erschlägt einen Jausentisch. (Ein Verbrechen aus Leidenschaft?) Haut
ihn einfach entzwei wie ein Karatemeister. Mit einem andern armen
Tischerl im Freien hat man gar Mitleid wie mit einem ausgesetzten,
winselnden Hundi. Ya’aris Kamera ist eben sehr empathisch.
Galerie Martin Janda
(Eschenbachgasse 11)
B. Butler / Sh. Ya’ari
Bis 17. Oktober
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr
Sa.: 11 – 15 Uhr
Der Westen liegt im Osten
(cai) Erstens sieht man etwas anderes, und zweitens als man denkt. Die
strengen Flächen in diversen Konstellationen könnte Sofie Thorsen
durchaus nach dem Prinzip Zufall über die Blätter verteilt haben.
Trotzdem sind es Fassaden aus dem Tokioter Vergnügungsviertel Ginza.
(Dass auf einer runden, silbernen Scheibe Beethovens Neunte drauf ist,
das ist ja ebenfalls nicht unbedingt offensichtlich.) Diese analytische
Abstraktion, die die Flächenwidmung auf den Häuserfronten untersucht
(Fenster, Schilder ...), funktioniert auch ästhetisch
tadellos. Daneben zeigt eine Diashow mit alten Aufrisszeichnungen, wie
sich das Stadtbild Tokios um 1930 dem Westen geöffnet hat.
Galerie Krobath
(Eschenbachgasse 9)
Sofie Thorsen
Bis 7. November
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr
Sa.: 11 – 15 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 16. September 2009
Kommentare zum Artikel:
16.09.2009 Video zu Deborah Sengl
Ohahn
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