Quer durch Galerien
Grammophon mit Nadelneid
Von Claudia Aigner
Ich denke an Descartes, also bin ich. Dasselbe funktioniert
auch problemlos mit Wittgenstein, Vorname Ludwig (bei dem ich mich
freilich ordentlich abrackere, geradezu schinde, wann immer seine
zugegebenermaßen sehr inspirierenden Ergüsse meinen Weg kreuzen). Diesem
musste ich jetzt also wieder einmal einige bizarre Gedanken widmen. Und da
ich mir meine Existenz dabei hinlänglich bewiesen habe (unzweideutiger als
mit einem Reisepass), kann endlich von Lisa Lapinski die Rede sein, die
mir den Wittgenstein ja eingebrockt hat. Für ihre kreativ kryptische
Installation "Goose Fair" (bis 17. Mai im Mezzanin, Karl-
Schweighofer-Gasse 12) hat sie nämlich vom "Tractatus
logico-philosophicus" eine Liste aller darin vorkommenden "Requisiten"
erstellt und bühnenreif, sprich theatralisch-skulptural umgesetzt. Auf
einer Minibühne: ein kompaktes, genügsames Orchester - ein Grammophon. Mit
berechtigtem "Nadelneid" (in Anlehnung an den Onkel Freud). Denn die
Lapinski hat ihm kurzerhand den Stachel ausgerissen. Da liegt nun eine LP
spielbereit auf dem Teller, ohne Hoffnung, jemals erhört zu werden. Das
nennt man, glaub' ich, Tantalusqualen. Dann ist das Grammophon auch noch
als Lilie verkleidet. Eine wundersame Wandlung von Musik in Geruch? Nein,
es riecht ja bloß optisch nach Blume. Bei Wittgensteins Grammophon geht es
übrigens irgendwie um das Verhältnis zwischen Sprache und Welt, also
zwischen Schallplatte und Musik. Aber ich habe den begründeten Verdacht,
dass ich in meinem Kopf keine Synapsen für Philosophie besitze. Und
irgendwann, bevor mir meine kochende Hirnmasse endgültig verdunstet ist,
muss ich in Hörweite von Jane Doe (ihr richtiger Name ist mir bekannt) vor
mich hingebrabbelt haben: "Oh ihr Künstler, warum tut ihr mir das dauernd
an?!" Und Jane Doe sprach weise: "Jo eh, du muaßt verdreht denken. Das
is die Kunst an dem." Interessant schaut's trotzdem aus. Und faszinierend
mysteriös. Und nicht weniger imposant poetisch als die Bühnenszenerie von
selbiger Lapinski und von Catherine Sullivan zu Sartres "Die Fliegen" (mit
einer wunderbar schwungvollen Treppe aus so etwas wie Kleenex-Boxen).
Deshalb kam mir nie in den Sinn, mir eine absolut blickdichte Schlafmaske
aufzusetzen und mit Wittgenstein'scher Unverfrorenheit zu verkünden: "Ich
habe alle unsere Probleme gelöst" (nämlich die von uns Kunstkritikern).
Florian Ladstätter begnügt sich nicht damit, auf dem Holzweg zu sein.
Einer ist ihm zu wenig. Er beschreitet sie gleich alle - jedenfalls dem
Ausstellungstitel nach: "Holzwege" (bis 17. Mai bei V & V, Bauernmarkt
19). Und zerrt das Holz fast schon festmeterweise in seinen Schmuck
hinein, der extravagant rustikal bzw. originell brutal ist. Und oft auch
als Skulptur eine gute Figur macht. Galeristin Veronika Schwarzinger:
"Erinnert mi a bissl an den Leiner, wo i heit gschaut hob, ob i a Kastl
find." Da gibt es etwa großzügige Ketten mit perfekt gedrechselten
Gliedern. Oder einen wagemutig klobigen Armschmuck, der wie der Schild
eines Gladiators anmutet, eines "Büffet-Gladiators" sozusagen. Quasi für
den modebewussten, weil mit Swarovski-Steinen besetzten Abwehrkampf.
Vielleicht um sich beim Buhlen ums letzte Brötchen gegen die Gabel eines
Nebenbuhlers zur Wehr zu setzen. Bis 24. Mai beim Hilger
(Dorotheergasse 5): Karl Korab. Der balanciert wie immer - also schon
gewohnheitsmäßig - meisterhaft irgendwo zwischen der geometrisch
konstruierten Natur und der Stimmungslandschaft herum, wo auch noch
Malerei und Collage praktisch mühelos ineinander fließen. Passt alles.
Erschienen am: 09.05.2003 |
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