Ein Superauto in der Schrottpresse
SIBYLLE FRITSCH WIEN (SN). Am Anfang war sein Porsche. 1971 ließ der österreichische Künstler Gottfried Bechtold seinen in Beton gegossenen Porsche 911 mit einem Kran vor die Galerie Krinzinger (in Bregenz) transportieren. Seither hat sich der Bildhauer, Performer, Video- und Konzeptkünstler, der an der Auslotung sozialer, künstlerischer und öffentlicher Grenzen arbeitet, ohne Provokationen zu scheuen, in vielen Variationen mit dem Prestigeauto beschäftigt. Er hat dieses Geld, Potenz und Geschwindigkeit symbolisierende Objekt mit unterschiedlichen Materialien bearbeitet, um es zum absoluten Stillstand zu bringen – vom Fahrzeug zum Stehzeug, wie er es formuliert – und es schließlich zu vernichten.
Und wieder ist es die Galerie Krinzinger (nunmehr in Wien), in der Gottfried Bechtold bis 30. April seinen Abschied vom Porsche, den Nachlass, die Restverwertung, die Erforschung der Prozesse vom fahrenden zum betonierten Objekt zelebriert: „Residue“, heißt die Ausstellung, in der es um die Gewinnung neuer Formen aus alten Abgüssen geht, um Teile des Alltagsobjekts Auto, dessen Negativformen Kunst werden. Zu sehen sind skulpturale Objekte aus Gips, die wie eine Ausgrabung aus archaischen Zeiten anmuten, Dreiecke wie gespannte Segel oder quadratische, schwarz glänzende Platten. Als Betrachter weiß man nicht, dass etwa diese Plattenbildobjekte aus Beton sind und einen Druck von 20.000 Kilogramm aushalten mussten.
Der Bezug zum Porsche wird durch aufgestellte originale Teile klar, die als Vorlage für die künstlerischen Prozesse dienten, und durch die Miniporsche und deren unterschiedliche Abgüsse. Ein rotes Spielzeugauto leuchtet heraus, ein Porsche fühlt sich unerwartet weich an, andere sind zum Beispiel mit Polyester oder mit Beton überzogen. Denn der handelsübliche textile Überwurf, der einen Porsche schützen soll, (ver-)führte Bechtold zum Spiel mit der Verfremdung durch andere Materialien. Während die Ausstellung „Best of Austria“ im Linzer Lentos seine Skulptureninstallation „Elf Elf“ – elf originale Betonporsche mit Überzug – zeigt, hat Gottfried Bechtold hier die Abwesenheit der Autoskulptur inszeniert. Der Porsche ist immateriell präsent: durch seine Grenzen, die der Künstler mit Abgussformen gezogen hat.
Es ist kein Zufall, dass in diesem Raum auch ein Video die „Materialverdichtung“ des neuesten Porsche Carrera S 997 läuft: Man sieht wie die Schrottpresse das Superauto zerdrückt. Für Gottfried Bechtold ist das der Abschied von einem künstlerischen Abschnitt und „das Ende eines Bubentraumes, der eh nur für wenige Wirklichkeit wird“.